ÜBERLEBEN

17. märz 2017          ———-     DER NEUE, Tag 57

New York, 1980

 

Er ist noch nicht lange im Internat, da tritt Donald auf wie der Sieger aller Schlachten.

Staunend schaue ich zu, wie der wahre Donald sich entwickelt.

Wenn wir es recht betrachten, ist die neue Schule ja eine teure Besserungsanstalt. Keiner will diese Eiterbeule erziehen, Donald T. ist ein Unverbesserlicher.

An seiner alten Penne machen sie also drei Kreuze, dass sie den reichen Pinkel nicht mehr an der Hacke haben. Meine Eltern sorgen sich, ob die neuen Pädagogen ihn behalten werden.

Wird er das aushalten, das strenge Regiment in der „Akademie“? Wann gibt’s die ersten Hiobsbotschaften?

Aber die schlechten Nachrichten bleiben aus.

Donald kommt am Wochenende nach Hause und gibt an wie Graf Rotz.

„Das ist der Platz, an den ich gehöre. Wir sind die Besten, und nur die Besten überleben bei uns. Ich werde in der Akademie zum Sieger gemacht. Das ist ein großer Spaß.“

Ich verstehe meinen Bruder nicht. Er erzählt davon, wie seine Kameraden und er vom Gelände der New York Military Academy am Hudson entlang einen zwölf Kilometer langen Marsch machen, dann bekommen sie einen Apfel und Wasser, machen eine kurze Pause vor den Mauern von West Point – und müssen raschrasch zurück in ihre Kaserne.

Der Ausbilder Dobias (man nennt ihn „Maje“, er ist mindestens ein Major, wenn nicht der General des Globus) schreit sie in der Pause an, sie seien elende Versager, weil sie die Prüfung für West Point nicht geschafft haben. Deswegen müssen sie nun doppelt so hart ran. Denn:

„Ich mache Euch zu den Besten. Das werden Eure Ärsche nicht wollen. Aber ich reiße Euch den Hintern so lange auf, bis Ihr es schafft. Aus der Nummer kommt Ihr nicht mehr raus.“

Donald strahlt wie ein blödes Kind zu Weihnachten. Er erzählt:

„Maje Dobias lässt uns nichts durchgehen. Vor dem Typ hat jeder Angst. Er kann ein echt fieses Arschloch sein. Wenn es sein muss, vermöbelt er Dich ohne Gnade. Bei Dobias lernst Du, wie das Überleben geht.“

Wie er das meint, frage ich ihn, und er freut sich, als er mein erschrockenes Gesicht sieht.

„Vor ein paar Tagen hat er mich echt an den Eiern gehabt. Den ganzen Tag hat er mich rum kommandiert. Sport bis zum Kotzen. Den Stoff für die Schule wiederholen, bis ich Sterne gesehen habe. Das Zimmer wieder und wieder aufräumen. Am Nachmittag war ich fix und fertig. Plötzlich steht der Typ vor mir – er ist ja nicht groß, aber ich denke, da steht ein Gigant – und gibt mir noch eine Aufgabe. Scheißhaus-Putzen, und das bis zum Abendessen. ,Mit der Zahnbürste, los, los!‘ Ich habe ihn angeguckt wie so ‘n kleiner Hund, der den Schwanz eingeklemmt hat. Bitte nicht, sollte das heißen. Nicht heute. Der Dobias guckt zurück, nur einen Augenblick. Und als ich mich immer noch nicht rühre, fällt der über mich her und bearbeitet mich mit den Fäusten. Grün und blau haut er mich. Du wirst nicht glauben, wie sauber ich anschließend die Scheißhäuser hin bekommen habe.“

Ich bin entsetzt. Frage meinen Bruder, ob er Hilfe braucht.

Er ist erstaunt.

„Hilfe? Warum? Bei was? Mir geht es bestens. Ist mir noch nie so gut gegangen.“

Morgen: Das Vorbild