SONNENGEFLECHT

ENDZEIT 13 Guter Schlaf, munteres Frühstück, eine saubere Luft, weil nicht viele Autos unterwegs sind. Sabine hat Radio gehört und unterrichtet die Männer, dass die Bürger noch eine Weile weg gesperrt bleiben.

Man sitzt zusammen, trinkt Kaffee und beratschlagt, was das heißt. Alois fragt, ob er abends wieder zum Schlafen kommen darf, Sabine und Ernst nicken heftig. Aber ja, man hat doch eine gute Zeit. Es soll übrigens jetzt immer wärmer werden, tagsüber braucht man keinen Anorak, und die Nächte werden auch erträglicher.

„Die Geschäfte haben normal geöffnet“, sagt Sabine. “Da mache ich nach Mittag meine Runde.“

Ernst wird sofort aufbrechen und in den Papierkörben stöbern. Soll ihm doch niemand zuvor kommen. „Heute wird ein guter Tag. Ich kümmere mich um Getränke. Wein oder Bier?“

Am besten Beides. Man lacht. Alois ist ganz ausgelassen, der Tag freut ihn narrisch. „Ich geh‘ mal zur Tafel am Kapuzinerkloster – da krieg ich sicher was Gutes.“

Ja, Tafel ist gut. „Tu aber nicht schon auf dem Hinweg saufen, das mögen die nicht.“

„Schon klar. Sabine, ich bin ja nicht auf der Brennsuppn daher geschwommen. Ein Bier vielleicht an der Reichenbachbrücke.“

„Hat der Kiosk offen?“

„Weiß nicht. Habe nichts anderes gehört.“

„Wennst meinst. Bist um sechs zurück?“

„Das passt. Dann pack‘ ich’s jetzt.“

Alois wirft sich die leere Ikea-Tasche über die Schulter und marschiert los. Lächelnd schauen ihm Sabine und Ernst hinterdrein. Er hat die Schultern gerade, er federt fast beim Gehen. Ein Mann, der zwar ein bisschen verlottert ist, aber er wandert fröhlich in einen neuen Tag.

Alois verschwindet in der Fußgängerunterführung, biegt in den Englischen Garten ein und lässt sich in Richtung Chinesischer Turm treiben. Er hat Zeit, sieht den Enten zu, die ratlos über den Schlamm am Kleinen See watscheln. Dort ist noch immer das Wasser abgelassen, und der Schlick sieht gefährlich, krank und dreckig aus. Die Enten geben’s dann auch auf und fliegen zur Isar.

Das schöne Wetter hat die Menschen schon am Vormittag in den Park gelockt. Sie tun was für die Gesundheit. Heiter sehen sie nicht aus dabei. Sie arbeiten am Gesund-Sein. Hackeln mit Skistöcken wie Gardeleutnants bei der Parade. Schwitzen im Laufschritt, mit roten ernsten Köpfen. Gehen stramm spazieren, das Lächeln haben sie daheim gelassen.

Alois ist einer der Wenigen, die Spaß haben. Er pfeift vor sich hin – weil er ein wenig einfallslos ist, in dieser Hinsicht, belässt er es erstmal bei einer Melodie aus der Werbung, die er immer parat hat.

Das Erdinger Weißbier, das ist halt a Pracht, holariadei, das schmeckt uns beim Tag und bei der Nacht.

Ein Passant – einer der strammen Spazierer mit Dackel an der Leine – sieht empört zu dem pfeifenden Penner. Das gehört sich nun wirklich nicht.

Das befeuert den Alois noch mehr. Weiter im Repertoire. Diesmal nichts aus der Werbung. Sondern ein Stückl, das zum Chinesischen Turm passt.

In München steht ein Hofbräuhau. Oans. Zwoa. Gesuffa.

Der Mann mit dem Dackel hat ein Gesicht, als ob er sich gleich übergeben müsse.

Da fällt dem Alois noch etwas ein. Das kennt auch jedermann den Text, selbst wenn es einer nur pfeift.

In München steht ein Hofbräuhaus. Aber Freundenhäuser müssen raus. Skandaaal im Sperrbezirk, Skandaal im Sperrbezirk, Skandaal im Sperrbezirk. Skandal um Rosi.

„Unverschämtheit“ brummt der Mann mit dem Dackel – so laut, dass man es auf zehn Meter hören muss.

Der Alois ist happy.

Here comes the sun. Little darling, the smiles returning to the faces.
Little darling, it seems like years since it’s been here. Here comes the sun, here comes the sun.
And I say it’s all right.