OPERAMMERGAU

oberammergau, 2. juni 2015

Eine Kolonne Polizeifahrzeuge mit Bamberger Kennzeichen paradiert durch die Straßen Oberammergaus. Die wenigen Einheimischen ignorieren die Patrouille nicht einmal, die vielen Touristen blicken den uniformierten Autos erstaunt hinterher. Was soll das denn in diesem friedlichen Dorf, das weltberühmt geworden ist, weil alle zehn Jahre die Einwohner die Passion Christi auf die Bühne bringen?

Nicht wundern, möchte man den Touristen zurufen. Der Konvoi wird bald wieder aus dem Ortsbild verschwunden sein. Das sind nur die Personenschützer des G7. Die haben sich in 15 Tausendschaften im Werdenfels festgesetzt, werden den Demonstranten gegen Angela Merkel und die regierenden Kollegen auf die Finger klopfen – und wenn Frau Merkel und die Polit-Spezl das schöne Bayern wieder verlassen, machen die Gipfel-Guards auch ganz schnell die Biege.

Dann sind die Oberammergauer und ihre Besucher wieder unter sich. Dann können sie sich auf ihren eigenen Gipfel vorbereiten.

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Beine hängen lassen? Seele baumeln lassen? Jetzt nicht – bald ist Oper.

Anfang Juli nämlich werden in dem jesusmäßig frommen Oberammergau ganz neue Töne angestimmt. Dann heißt das Dorf ein paar Wochen lang Operammergau.

Im Passionsspielhaus gibt man “Nabucco”. Verdi. “Schwerer Brocken”, wie die Freunde der italienischen Oper sagen. 185 Sänger werden die Bühne bevölkern, sie werden das in der bewährten Manier der Passions-Darsteller tun. Regie führt der Theater-besessene Christian Stückl – und der Mann ist bekannt dafür, dass er keine Angst vor monumentalen Aufzügen hat.

Von diesem Stückl können die G7-Endlos-Laberer eine Menge lernen.

Der Mann läuft am 2. Juni mit den Nachwehen eines Zahnarzt-Besuchs im unrasierten Gesicht durch sein Operammergau und hat trotz der Schmerzen alles im Griff. Er sieht die Fortschritte, die die Schreiner auf der gigantischen Bühne gemacht haben. Er registriert, dass es in der Schneiderei zügig voran geht (eine der Damen frohlockt, man werde wieder mal pünktlich fertig sein: “Es werd’ sei wia jeds Mal. Um achte auf d’Nacht bei der Premiere machn mia den letzten Stich”). Stückl kontrolliert mit kurzen Blicken, wie es um den Abverkauf der Tickets steht.

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Der “Bauherr” von Operammergau: Christian Stückl. FOTOS: BARBARA VOLKMER

Und abends steht er bei den Chorproben im Hintergrund und nimmt befriedigt zur Kenntnis, dass sein musikaischer Leiter Markus Zwink die Operammergauer peu à peu auf Touren bringt. Was gar nicht so einfach ist – Zwink lächelt und meint, mit dem Verdi sei schließlich nicht zu spaßen. “Der zwingt Dich zum Pianissimo oder zum Fortissimo – dazwischen kennt der kaum was.”

Der Zwink Markus bringt den Leuten die Töne bei. Die Schreiner bauen eine neue Welt. In der Schneiderei weiß jeder, was er zu tun hat. Wenn es etwas auszudiskutieren gibt, dann geschieht das auf die Schnelle.

Und der Stückl, der Chef von dem Ganzen, zeigt, wo es lang geht.

Der Christian Stückl ist in Operammergau ja so etwas wie die Angela Merkel und der Obama in Ellmau.

Der Fortissimo-Stückl macht sein Ding gut.

Und Frau Merkel? Na, die steht eher auf Piano. Und sie hat auf jeden Fall mehr Aufpasser