HOPPLA! ICH!

berlin, 13. märz 2015

Hoppla, dann war er da! Blank- und blauäugig, stramm, forsch, Eroberer-Lachen. Genau hundert Jahre ist es her, dass ein gewisser Hans Albers zum ersten Mal Geld dafür bekam, sein Mann-Sein vor einer Kamera zu Markte zu tragen. Mit einer kleinen Rolle debütierte er stumm in Franz Hofers “Jahreszeiten des Lebens”. Dann wurde es Jahrzehnte lang laut und tosend um den blonden Hans. Und jetzt ist wieder Stille eingekehrt. Dabei verdient dieser wilde Hund wirklich, dass man sich an ihn erinnert.

1915 macht Alber nicht nur seinen ersten Film. Er wird auch zur Armee eingezogen. Nach Militärdienst und schwerer Verwundung im Ersten Weltkrieg landet er am Residenz-Theater in Wiesbaden. Danach die Ochsentour durch die Provinz und auf verschiedenen Berliner Bühnen. Hans Albers: laut, dröhnend, kerlig. Auftritte in Revuen und Operetten, als Schauspieler, Sänger, Tänzer, Komiker und Artist.
Irgendwann dann: Hans Albers, scheinbar nicht mehr weg zu denken.

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Überflieger! Nicht abgehoben! Ein echter Knaller! FOTOS: BARBARA VOLKMER

 

 

Und jetzt erinnern sich immer weniger Menschen an diesen Megastar. Einer, der Albers noch kurz vor seinem Tod traf, sitzt in Berlin und grinst:

Was für eine Fernsicht! Da saßen er, Gunnar Möller, und Hans Albers am Ufer des Starnberger Sees und guckten ins Gebirge. Sie sahen diese imposante scheinbar endlose Kette von Gipfeln – und was fiel dem Albers ein?

Er sagte: “Am schönsten isses doch in Blankenese.”

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Zeitzeuge mit Durchblick: Gunnar Möller.

 

Gunnar Möller, der als 31-Jähriger noch seine Karriere als Schauspieler vor sich hatte, besuchte den Kollegen im Jahr 1959. Da war Albers einer der größten deutschen Kinostars überhaupt, hatte ein Jahr zuvor mit Möller gedreht – und ein einzigartiges Leben neigte sich dem Ende zu.

Albers wusste das. “Er stand mit beiden Beinen auf der Erde.”, sagt Möller. “Er konnte beides – er war die Diva, die sich alles erlaubt. Und er war der Kumpel, der sich neben Dich an den Tresen stellte und Fünfe gerade sein ließ.”

Das Haus in Oberbayern besaßen Albers und seine Lebensgefährtin Hansi Burg seit den 30er Jahren. Das war alles schön und gut – und wenn den gebürtigen Hamburger das Heimweh packte, wenn er “melanklöterisch“ wurde, verdrückte er sich ins Bootshaus, schaltete das Tonbandgerät ein und ließ eine Endlosschleife mit Hafengeräuschen laufen.

Doch so richtig melanklöterisch war der blonde Hans dann auch wieder nicht. Dazu lebte er sein Motto viel zu gern. Und das hieß nun mal: Hoppla, jetzt komm’ ich!

Albers hatte das Draufgängerische im Blut. Er liebte das Rampenlicht, er zeigte gern, was er konnte: Sportlich war er, rustikal-charmant, ehrgeizig und unbeirrt. Nachdem er in Berlin von Bühne zu Bühne getingelt war und in über hundert Stummfilmen mitgewirkt hatte, kam Ende der 20er der Durchbruch. Die Theaterbesucher waren ganz wild auf die „Rampensau“ Albers, und für den Tonfilm war seine Stimme ein Geschenk. Auf einmal war er wer. “Erst war ich ein kleiner Piesepampel und eine Stimmungskanone in Revuen. Jetzt bin ich ein Menschendarsteller!”

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Kleine Möwe, flieg’ nach Helgoland!

 

Megastar. Das ist er geblieben. Albers wurde zu einer Erfolgs-“Marke”. Er sackte unglaubliche 400000 Mark pro Film ein, er wickelte jedermann um den Finger. In Berlin war allezeit eine Suite im “Adlon” für ihn reserviert. Und er war so blendend im Geschäft, dass er den Nazis reihenweise Körbe verpassen konnte, wenn sie ihm den Roten Teppich ausrollen wollten.

Natürlich war Hans Albers ein Künstler. Aber keiner von der düster-selbstzweiflerischen Art. Er liebte, was er tat, und er zeigte, wie sehr er das liebte. Während des Kriegs war er von seiner geliebten Hansi (die nach England emigrieren musste) getrennt. Erst nach sieben Jahren fanden sie wieder zusammen. Eine harte Zeit.

Doch die Menschen, sein Publikum, nahmen ihn immer als den echten Hans-im-Glück wahr. Dem durfte ruhig das Haar licht werden – dann erfand er sich eben als Hut-Held neu. Gunnar Möller: “Er war eitel, er war stolz auf seine Maßanzüge, er pflegte sich und hielt seinen Körper durch tägliches Schwimmen in Schuss. Aber er konnte auch über sich lachen. Klar trug er ein Toupet – aber war das nicht zum Schießen?”

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Wer kann dem Typ schon widerstehen?

 

So saßen sie also am Starnberger See, taten sich am “Talentwasser” (Wein, Bier, ein paar Klare – das Leben war zu kurz um schlechte Sachen zu süffeln) gütlich. Sie redeten über Rosen (Albers hatte in seinem Garten 60 Sorten), die Arbeit, die Frauen. Dann wurde ein Schluck getrunken, und sie redeten über die Frauen und die Arbeit und lauter wichtige Männersachen.

“Er war heiter und mit sich im Reinen.”, sagt Möller. “Er wusste, dass er für sich vieles richtig gemacht hatte.”

Ein knappes Jahr später bat Albers seinen Chauffeur Paul Schraml, ihn ganz langsam um den See zu fahren. Man fütterte Enten, und Albers ließ oft halten, um sich umzusehen. Nach der Tour klopfte er seinem Fahrer auf die Schultern: „Danke Paul, das war schön. Das war wohl meine letzte Ausfahrt.“

Albers starb am 24. Juli 1960. Er wurde in Hamburg auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt. So hatte er sich das gewünscht. Und das hatte bei Albers so geklungen: “Heimat ist nicht, wo einer lebt. Heimat ist, wo einer stirbt.“

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Auch ein Kumpel für melanklöterische Stunden: der Mann mit der Mütze.

 

Vor hundert Jahren also war sein erster großer Auftritt. Und heute?

Heute ist er ein gewisser Albers, der vergessen wird?

Sieht ganz so aus.

Na und? würde der blanke Hans krähen. Und er würde sich eins singen:

Bricht mir auch heut’ das Herz entzwei.
In hundert Jahren – Johnny –
ist doch alles vorbei.
Johnny!!! – Johnny.
Goodbye Johnny, goodbye Johnny,
warst mein bester Freund.
Eines Tages – eines Tages –
mag’s im Himmel sein –
mag’s beim Teufel sein –
sind wir wieder vereint.