GOOD JOB

5. februar 2017, washington, -5 grad bedeckt/mieming, 2 grad föhn      ——     winter 16/17, Folge 27

 

Arbeit?

Das ist für Donald Trump:

3500 Prozesse, seit der Mann satisfaktionsfähig ist.

Interviews geben – enjoy it.

Mit 140 Zeichen lügen, dass sich Balken biegen.

Unliebsame Frauen und Männer feuern.

Die Presse tätig verachten.

Arbeit?

Lassen wir doch den Präsidenten selbst erzählen, was er unter guter Arbeit versteht. Da gibt er dann gerne die Geschichte von einer Frau zum Besten, die mal bei ihm angestellt war – und ihm eines Tages in einer kniffligen Angelegenheit Widerworte gab. Wir erteilen Herrn Trump das Wort:

„Ich hatte ihr einen tollen Job gegeben. Sie wurde mächtig, sie wurde gut. Sie kaufte sich ein Haus.

Dann hat sie mir widersprochen. Obwohl ich soviel getan hatte, um ihr zu helfen.

So nicht.

Ich habe sie bekämpft.

Am Ende verlor sie ihr Haus. Ihr Mann, der nur hinter dem Geld her gewesen war, verließ sie, und das war mir eine echte Genugtuung. Ich habe nicht nachgelassen. Ich habe – wo ich konnte – ihr nur schlechte Beurteilungen gegeben. Und auch heute tue ich alles, um ihr das Leben zu versauen.“

Da muss dann Donald Trump lächeln.

GOOD JOB.

 

 

 

Arbeit?

Wenn Walter Stecher seinem Sohn bei der Arbeit hilft, mutet das spielerisch an.

„Die Künstler kommen gern zu uns“, sagt Günther, der Steindrucker. „Hier müssen sie sich einer Herausforderung stellen. Manche haben eine richtige Schwellenangst bei ihrem ersten Besuch. Aber das legt sich schnell.“

Sicher, da ist zum Einen die Gastfreundschaft. „Komm’, magst ein Schnapserl – danach gehen wir in die Werkstatt, Du richtest Dein Zeug her – und dann fangen wir an.“

Und dann stellt sich – so ist das immer – diese Spannung ein. Steindruck, das ist eine Herausforderung. Der Künstler denkt so lange auf seinem Motiv herum, bis er das Spiegelbild erschaffen kann. Er lernt eine Technik, die voller Leben steckt, er arbeitet mit diesem Ungetüm von Stein, er kreiert ein Universum von Formen und Farben. 

Und die Stechers begleiten das Werk. Sie bewegen sich zwischen den Maschinen, mit den Chemikalien, mit den Bürsten und Rollen und Schabern und Spateln in einer gelassenen Choreographie. Wem’s pressiert, der hat in dieser Werkstatt nichts verloren. Der Stein wird geätzt und gewaschen, versiegelt und angewalzt, gummiert. Noch ein paar letzte Verbesserungen, Walter Stecher trägt die Farbe auf. Ein Probedruck, es ist jedes Mal wieder spannend…

Dann sagt Günter Stecher: „Ich glaub’, das passt.“

Mehr Lob geht nicht. Stecher meint dann nämlich: Es ist himmlisch.

Tirol war bis in die 60er-Jahre bekannt für die Kunst des Steindrucks. Die alten Kunst-Handwerker starben, die Jungen interessierten sich nicht mehr für den stillen Beruf. In den Achtzigern erinnert sich Günter Stecher, moderner Drucker und Werbefachmann, dass es im Leben noch etwas anderes als schnödes Geld-Verdienen geben müsse. Er reiste über die Alpen und ließ sich von Carlo Ceci in Urbino, dem Druckerzentrum Italiens, in die Fertigkeiten des Steindruckens einweisen. „Ich konnte kein Italienisch, er sprach nicht Deutsch. Aber er hat schon beim ersten Espresso gemerkt, dass es mir ernst war. Und so ist meine Leidenschaft von Tag zu Tag gewachsen. Es ist ja auch faszinierend, dass Du mit dem Lernen in diesem Metier nie fertig bist. Das Material arbeitet, die Künstler arbeiten, und wir müssen damit umgehen – das kann wahnsinnig spannend sein.“

Der Paul Flora zum Beispiel hat in der Stecher-Werkstatt seine zweite Heimat gehabt. Da musste er sich nicht verstellen. Er konnte all seine teils boshaften Phantasien ausleben. Die Chryseldis  wiederum malt sich via Steindruck alle Ängste und Sehnsüchte und alles Erlebte von der Seele. Die Künstlerin Tomaselli kommt regelmäßig aus Brasilien, weil sie in Tirol die Ruhe für ihre Kunst findet. Bis zu seinem Tod hat hier der geniale  Herbert Danler vollendet, was er auf den Streifzügen durch die Heimat skizziert hatte – entstanden sind Bilder einer aussterbenden Heimat.

Und gerade bricht Heinrich Tilly über die Stechers herein. Der Mann ist zwar gebrechlich – aber was heißt das schon? Er hat es faustdick hinter den Augen. Steht da in der Werkstatt, mit seinem breitkrempigen schwarzen Hut, leert das zweite Glas Wein – es ist ein Roter aus dem Veltlin, der nach Rechtschaffenheit und Tanzboden schmeckt – und erklärt mit fester Nuschel-Stimme:

„Also, packmas.“

Sie drücken ihm den Stift in die Hand. Und er ist auf einmal mit seinem Denken weit, weit weg. Hier ein Strich, da ein Strich. Ein wenig Schraffur und an anderer Stelle etwas mehr Flächigkeit. Vielleicht da oben etwas ungeordnetes Gekritzel. Aus dem Gekritzel wird eine Frisur, aus den Strichen werden Schenkel und Schultern, Brauen und Brüste und lodernde Augen.

Was für ein Weibsbild.

Günther kommt mit dem Schwamm und wischt alles weg. Heinrich ist ganz zufrieden und genehmigt sich noch einen Roten. Walter hält mit und stupst den Tilly in die Seite. Er lacht wie ein Spießgesell.

Günther trägt Farbe auf. Er rollt gleichmäßig und sehr geduldig über den Stein. Hin, zurück, hin, zurück.

Da ist sie wieder, diese Frau.

Günther bedeckt sie mit  Papier.

Sie kommt in die Presse.

Dann ist es soweit.

Walter hebt das Papier an. Die drei Männer betrachten das Werk.

Das Verlangen und das Locken in den Augen. Der junge Körper. Das Laszive und das Unschuldige.

Perfekt.

„Du, sag’ amal“, fragt der Walter, „hascht die in der LaVilla kennenglernt?“

Der Heinrich hält dem Walter das Glas hin.

„Logisch. Oder was meinscht Du?“

Ähm, Entschuldigung, die Herren, aber was ist den LaVilla, wenn man fragen dürfte.

Die beiden älteren Herren blicken den Fremden an, sie schauen auf die Stein-Gedruckte, dann kichern sie unisono. Irgendwann schafft der Walter die Antwort.

„Ja mei, das LaVilla, da isch dr Puff in Telfs. Verstehscht? Und sie“, er deutet auf das Bild, „sie ischt doch wirklich eine Schönheit. Oder?“

Ja.

So ist das, wenn die Kunst lebt.

Und, mal ehrlich: DAS IST ARBEIT.   

Morgen: Vom Glück