GELD MACHEN

sommer zwanzichfuffzehn X

Matuschke pflanzte sich vor Hans Krohn auf. Ob er überhaupt wisse, was das für ein Drecksleben gewesen sei, hier an diesem Arsch von Welt? Wo die Mutter einen nicht mal zu Weihnachten in den Arm genommen hat. Sie hat einen auch nicht beschützt vor dem Vater. Ja, sie hat begriffen, dass der Eugen einen Traum hatte. Er hat die Zeit vergessen, wenn er einen Motor zerlegt hat. Große saubere Plane in den Stall gebreitet – und dann ging es los mit der Demontage. Schraube und Mutter, Gewinde und Federn, Schläuche und Ventile, Dichtungen und ein Motorenblock. Akkurat legte Matuschke die Teile nebeneinander. Er reinigte sie. Besah das Puzzle. Verschraubte, verband, verlötete alles. Öl rein, Diesel rein.

Anschalten.

Der Motor bullerte. Gut so, guter Tag.

Aber der Vater ließ ihn nicht. Der Vater sagte, Eugen musste melken, mähen, ins Holz. “Du bist ein Bauer”, sagte der Vater.

Quatsch. Eugen Matuschke konnte das Bauerntum nicht ausstehen.

War echt ein Drecksleben. Und es hat so lang gedauert, bis Eugen Matuschke begriff, dass er seinen Vater, diesem Krüppel, nichts schuldig war.

Da war es zu spät. Da hatte er vom Biertrinken eine Wampe. Die Sache mit den Mädchen hatte sich erledigt, er war den Frolleins zu dreckig, er stank, er war nicht amüsant. Einmal hatte er mit einer Kleinen aus dem Nachbarhof einen Horrorfilm im Fernsehen geschaut, da war sie ganz nah an ihn heran gerückt, aber er konnte nicht richtig damit umgehen. Er hatte ihren Busen gedrückt, aber wohl nicht gut.

“Und dann, mein Freund, habe ich die Kurve doch noch gekriegt. Glaubste nicht? Hör zu:

Die im Ort haben sich eingeschissen. Stasi. West-Fernsehen. Keine Bananen. Verstehste, was ich meine?

Nicht mit mir. Ich habe den Vater in den Westen geschickt, da hat er dann auf Mitleid gemacht. Hat Westmark bei der Verwandtschaft eingesackt, er durfte ja reisen, er war ja schon Rentner. Und mit der Kohle konnte er ja nix kaufen, der hatte ja genug zu tun, sein eines Bein wieder in die DDR zu schaffen. Also ist er bei uns aus dem Zug gefallen und hat die Taschen voll Westgeld gehabt. Das habe ich mir gekrallt und bin mit dem Mähdrescher zum Intershop nach Kyritz gefahren.”

Matuschkes Freund war aufgewacht. Er war ein ruhiger alter Herr, als Militärarzt hatte er das Leben gut kennen gelernt. Ja, da musste er lächeln, daran konnte er sich erinnern, wie der verrückte Matuschke mit seiner Landmaschine vor dem Intershop vorgefahren ist.

Der alte Mann legte Hans Krohn die Hand auf den Arm. Ob der Matuschke gerade sein Leben erzählt habe?

Ja, sagte Krohn.

“Und: Wo seid Ihr gerade?”

Naja, wie Vater Matuschke zum Hamstern in den Westen geschickt worden ist. Und der Intershop und so.

“Das ist doch gar nix. Lass Dir mal erzählen, wie das war nach der Wende.”

“Warum?”

Das sei die beste Zeit des Eugen Matuschke gewesen, sagte seiun Freund. Da habe der Eugen richtig aufgedreht. Alle hätte er übers Ohr gehauen.

Wie? Der Eugen. Hans Krohn blickte auf den Säufer, der gerade eingeschlafen war.

“Ja, der Eugen. Der hat sie alle gelöffelt. Die DDR, die Stasi-Typen, die Neunmalklugen, die ganzen Merkels. Eugen Matuschke ist der reichste Mann weit rum.”

Echt?

“Echt.”

Erzähl mal.