“EINE SCHANDE”

berlin, 30. januar 2015

Rolf Schimpf ist ein TV-Profi. Der Schauspieler, der als „Der Alte“ zum Star wurde, weiß, was machbar ist vor der Kamera. Besser gesagt: Er weiß, was machbar wäre! Dieser Tage aber kommt er aus dem Staunen nicht heraus. Denn mit seinen 90 sieht er auf dem Bildschirme Dinge, die selbst einen Fahrensmann wie ihn noch verblüffen.

„Ich bin froh, dass ich raus bin“, sagt Schimpf. „Was im Augenblick passiert, ist eine Schande. Und ich habe großes Mitgefühl mit den jüngeren Kollegen, die sich durchschlagen müssen. Die werden geradezu daran gehindert, Qualität abzuliefern.“

Sie müssen ja dankbar sein, wenn sie überhaupt etwas „liefern“ dürfen. In der Branche werden bei Partys und an Drehorten Gräuel-Geschichten von Kollegen kolportiert, die kein Bein auf den Boden bekommen.

Monatelang warten sie auf Angebote, doch es tut sich nichts. Und wenn dann doch einmal eine Offerte herein schneit, handelt es sich um eine Nebenrolle oder den Auftritt in einem fürchterlichen Herz-Schmerz-Schinken.

Könner verkriechen sich in Soap-Serien, brillante Schauspieler machen für uninspirierte Fernsehredakteure den Deppen, Frauen und Männer in den besten Jahren geben ihre letzten Träume von anspruchsvollen Rollen auf.

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Sendeplatz futsch! TV-Profi Manon Straché. FOTO/digitalis: BARBARA VOLKMER

 

Eine wie Manon Straché geht in Berlin zum Kellnern, obwohl sie das Spielen im Blut hat. Manchmal bricht der Zorn aus ihr heraus: „Ich habe den Beruf von der Pike auf gelernt, ich kann so viele Fächer, ich brenne und bin auch nicht sündteuer. Aber da sind diese Ungelernten von der Straße, die keine Ahnung haben, aber für Sendungen wie „Verklag mich doch“ oder solchen Quatsch gecastet werden. Das Niveau der Formate ist fürchterlich – aber der Sendeplatz ist futsch.“

Auch Kolleginnen, die sich auf der sicheren Seite wähnen, müssen immer auf der Hut sein. Ein Beispiel: die bayerische Frauen-Darstellerin Christine Neubauer. Die wähnte sich schon als große Künstlerin, weil sie jahrelang von einer Hauptrolle zur nächsten walkürte.

Auf einmal jedoch ging gar nichts mehr. Privat hatte sie Ärger (Scheidung, ein abtrünniger Sohn), die Redakteure standen plötzlich nicht mehr auf die Neubauer. Keine Angebote mehr. Arbeitslosigkeit. Zukunftssorgen. Nun findet sich Christine Neubauer nicht mehr auf den Glamour-Seiten wieder – nein, sie ist es, die die Negativ-Schlagzeilen liefert.

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NIcht mehr begehrt: Christine Neubauer.

 

Es braucht eine große Zuversicht und viel Ausdauer, um in diesem Business nicht die gute Laune zu verlieren. Es braucht schon die Unverwüstlichkeit einer Dolly Dollar (großes Foto):

Die war vor 30 Jahren ein echter Shooting Star. Hatte eine dolle Oberweite, war in Schwabing und dem Rest der Republik für ihr herziges, ein bisserl naives Lachen bekannt. Dolly war ein (Männer-)Traum.

Heiratete einen bekannten Schauspieler, der sein Ego nicht in den Griff bekam und sich nicht damit anfreunden konnte, dass seine Dolly ihre schönen Erfolge hatte. Er manövrierte sie hinter den Herd, dann seilte er sich ab.

Sie zog ihre Kinder auf und blieb immer die herzliche Person von früher. Die mit dem Lachen und dem durch und durch bayerischen Wesen.

Und jetzt, mit 50, scheint sie noch einmal durchzustarten. Gerade tourt sie mit „Steiners Theater“ durch Deutschlands Süden. Sie hat, wie man hört, großen Erfolg.

Wenn alles gut läuft, wird die Schauspielerin Dolly Dollar in Bälde auch wieder TV-Rollen angeboten bekommen. Denn – Trash hin, Trash her – a bisserl was geht allerweil im besseren deutschen Fernsehen. Da stirbt die Hoffnung zuletzt.

 

Morgen: Auf der Suche nach der guten Zeit.