AUTO-PILOT

berlin, 13. april 2015

“sputnik” ist echt ‘ne Marke. Mutig wie ein Löwe kann er sein – wenn er den Fluchtweg kennt. Stolz wie ein Spanier (der er ja ist) – wenn die Mops-Dame von nebenan auf seiner Straßenseite auftaucht. Wehleidig führt er sich auf – wenn er dann auch gebührend betütelt wird. Er ist ein heimtückischer Kleinkrimineller – wenn es ums Fressen geht. Und: “sputnik” ist Auto-Narr. Da ist er echt ‘ne Marke. Ein Hund zum Verlieben.

Es gibt ja auch Artgenossen, die ein durchaus gestörtes Verhältnis zum Autofahren haben. Jeder sechste Hund in Deutschland reihert wie blöde, sobald das Fahrzeug, in das er gepfercht worden ist, sich in Bewegung setzt. Das ist für den Menschen dann ein veritables Problem. Schon manche Beziehung ist da auf harte Proben gestellt worden.

IMG_3787

Kinetose? Nicht mit mir!

 

Denn: Einmal gereihert ist immer gereihert – so jedenfalls stellt sich das oft dar. Es gibt Hunde, die hören irgendwann mit der Kotzerei auf (die Reise-Übelkeit von Hunden wird von Tierärzten gern mit dem keimfreien Begriff “Kinetose” beschrieben). Doch andere Hunde können es nie lassen. Sie entern den Wagen – und schon geht es los. Das liest sich dann zum Beispiel bei tierarztblog.com folgendermaßen:

“Unabhängig von der zugrunde liegenden Ursache zeigt sich die Reiseübelkeit in der Regel mit ähnlichen Symptomen, von denen jedoch nicht alle gleichzeitig vorhanden sein müssen: Erste Anzeichen der Übelkeit sind übermäßiger Speichelfluss, Hecheln, vermehrtes Schlucken und Ablecken der Lefzen. Dies setzt sich in Würgen fort, gefolgt von heftigen Kontraktionen der Bauchmuskulatur, die schließlich in Erbrechen resultieren.

IMG_3761

Soll’n die Anderen kotzen. Ich nich.

 

Eine verlässliche Vorbeugung der Reiseübelkeit ist heute dank spezieller, für den Hund zugelassener Medikamente möglich. Die Wirkung dieser Präparate basiert meist auf der Blockierung jener Signale im Gehirn, die das Erbrechen auslösen. Viele dieser Substanzen wirken jedoch auch auf andere Teile des Gehirns, es kommt bei manchen dieser Arzneimittel zu einer vorübergehenden Benommenheit und Schläfrigkeit des Hundes die auch nach der Ankunft am Zielort anhält und weitere Aktivitäten mit dem Hund unmöglich machen oder einschränken.”

Pfff! macht da “sputnik” nur. Ihn wird im Auto nie einer jemals würgen und kontrahieren sehen. Pennen schon, aber das liegt nicht an einem Medikament, sondern daran, dass er ein ausgesprochen cooler Beifahrer ist.

 

Er hüpft auf die Rückbank und beginnt sich ein Nest zu bauen, noch bevor vorne der Zündschlüssel gedreht wird.

IMG_3704

Autofahren: Mehr Chillen geht doch gar nicht.

 

Der Fahrer gibt Gas. Noch hockt “sputnik” und beobachtet, was sich in der ersten Reihe tut. Eine Weile linst er aus dem Seitenfenster, dann wird die Angelegenheit zu fad. Das “Tackeditacke” der Autobahn macht schläfrig, man ist im fünften Gang – und erfahrungsgemäß bleibt das eine Weile so. Also lässt sich der Hund mit einem wohligen Seufzer fallen, ringelt sich ein – und ist dann mal weg. Jagen, hinter den Damen her bellen, andere Rüden verschrecken – schöne Träume träumen eben.

Die Zeit vergeht. Der Hund pennt.

IMG_3747

Einfach mal alle Viere hängen lassen.

 

Dann wird vorne einen Gang herunter geschaltet. Und noch einen und noch einen. Die erste Ampel der Stadt.

Und der Hund ist hellwach. Linst aus dem Fenster und spürt: Gleich ist Endstation. Schon ist auf dem Schild “Hauptstraße” zu lesen. Der Hund vibriert vor Aufregung.

Der Wagen hält. Der Schlag öffnet sich. “sputnik” hüpft raus. Her mit der Stadt!

Er ist echt ‘ne Marke, dieser Hund. Fährt gerne Auto. Denn: Der Weg ist das Ziel.

Oder so.

Aufma_3799-1

Was? Schon Schöneberg? Hauptstraße? Schluss mit cool, das Leben lockt. FOTOS: BARBARA VOLKMER