DIE WUNDERWELT

lindow, 13. juni 2015

DAS BEET I

Das war ein Happy-End-Day fürs Beet. Vormittags sah es ganz danach aus, als würde es wieder eine trockene Angelegenheit werden, trocken und heiß. Die Sonne flutete das Land Brandenburg von einem wolkenfreien Himmel, doch gegen Mittag schob sich eine dunkelgraue Front über den See. Die Mücken wurden ganz wild, die Luft war bleiern. In der Ferne zuerst, dann immer näher rollten Donner. Später blitzte es ein paarmal garstig, dann ging Regen über den See, über die Wälder, über die große Wiese mit den Galloway-Rindern – und der Regen ging sanft übers Beet.

Das mögen Städter blöde finden – aber ein Landei, das das Beet betreut und während des ersten Regens seit Langem beobachtete, freute sich, weil das Beet sich auch freute. Die Erde kriegte dunkle Sommersprossen, sie saugte sich voll, sah nach eine Weile satt und geschmeidig aus. Von den Blättern der Kohlrabis perlte das Wasser mit einem Glitzern nach unten. Der Spinat legte zur Feier des Tages sein sattestes Grün auf, und der Salat straffte sich.

Von der Seite näherte sich eine Schnecke. Eine Bachstelze postierte sich am Westrand und wippte mit dem Schwanz, während sie geduldig beobachtete, ob sie sich nicht auf ein Opfer im Beet stürzen könnte. An der Petersilie schoss eine Libelle vorbei. Über dem Schnittlauch taumelte ein Zitronenfalter.

Es lebte, das Beet. Und wie: Das Landei stützte sich auf die Hacke und verlor sich in seinen Gedanken. Was für ein wundersamer, wunderbarer kleiner Kosmos. Eine Welt für sich – und eine dieser spannendsten Geschichten, die das Leben schreibt. Man muss sich nur einlassen auf diese Storys aus dem Beet. Einfach nur mal hinsehen, hinhören, staunen…

 

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FOTO: BARBARA VOLKMER

Morgen: Dann wurde die Erde hart, und der Winter tat seinen Job.