HEILE-HUND

berlin, 18. mai 2015

Kein guter Tag! Zahnschmerzen bis hinters Ohr! Doppel-Narkose! Bohrer bis ins Hirn! Nerv gekillt! Nerven zerrüttet! Mensch reif fürs Bett! Mensch verkriecht sich unterm Plumeau! Was für ein beschissener Tag!

Jetzt heißt es: Dein Einsatz, “sputnik”!

Der Hund, ansonsten scheinbar nur auf der Fährte von Lustbarkeit und FutterFutterFutter, umkurvt die Bettstatt. Er stellt die Vorderpfoten auf die Decke und blickt den Menschen an. Der murmelt müde: “Ach, ,sputnik’.” Dann widmet er sich wieder mitfühlend seinem Selbstschmerz.

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Mann, Alter, lass Dich nicht hängen! FOTOS: BARBARA VOLKMER

“sputnik’ wedelt müde mit dem Schwanz. Er denkt einen Augenblick nach. Eigentlich ist ja das Betreten des Betts verboten. “sputnik” wittert, besieht sich den schwer atmenden Menschen genau.

Dann springt er. Umkurvt den Herrn und den Bettenhügel, trampelt ein kleines Areal neben der Hüfte des Menschen platt und lässt sich nieder. Er drückt seinen kleinen Hintern an den großen Hintern. Legt den Kopf zwischen die Vorderpfoten, schließt die Augen.

Und wartet. Denn er fühlt: Nur Warten hilft.

Jetzt ist “sputnik” ein Heile-Hund. Instinktiv tut er das Richtige. Zum einen, weil er ein Näschen dafür hat, wenn es dem Menschen mies geht. Seine Riechschleimhaut ist etwa 150 Quadratzentimeter groß. Zum Vergleich: Die des Menschen nur fünf. Darauf befinden sich rund fünf Millionen Riechzellen, bei Hunden etwa 200 Millionen.

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Das wird schon wieder! Augen zu und durch!

 

„Doch es nicht allein die Nase“, sagt die Hundeforscherin Dorit Feddersen-Petersen. Zwar ist das Geruchsorgan ein Wunder der Welt – und die Forscher wissen bei Weitem noch nicht alles über “sputniks” Nase. „Doch mindestens genauso wichtig sind die optische Leistung des Hundes und sein Drang, sich an den Menschen zu binden und ihn zu unterstützen.“

Neben der hervorragenden olfaktorischen Wahrnehmung kriegen Hunde nämlich wahnsinnig viel mit. „Sie registrieren kleinste Bewegungen, minimale Änderungen der Haltung und natürlich auch jede Nuance der Stimme“, erklärt Dorit Feddersen-Petersen. 

Und wenn sich der Mensch benimmt, als hätte er einen beschissenen Tag, wenn er nur noch mit Grabesstimme kommuniziert, wenn er im Bett liegt wie – pardon, falsches Bild – “ein Schluck Wasser in der Kurve” und wenn er stinkt: Dann weiß “sputnik”: Hey, da ist was faul.

Dann vergisst er seinen Hunger und alle Lustbarkeit des Lebens. Er klemmt sich neben den Menschen und wartet.

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Ich bin bei Dir. Versprochen!

Atmet ein, atmet aus, reckt sich ein wenig, liegt wieder still.

Und wartet.

Stunde um Stunde.

Denn irgendwie ist da so eine Sicherheit: Es wird der Moment kommen, da steht der Mensch auf. Dann wird er sich die Schuhe binden, zur Leine greifen und nach Freiheit und Stöckchen-Werfen riechen.

Und dann geht es wieder los in die wunderbare große Welt.

Dafür lohnt es sich zu warten.

Und spätestens dann gibt es auch wieder Fressen.