ENDLICH!

berlin, 9. april 2015

Es ist zwölf Uhr mittags in Berlin. Der graue Himmel über der Stadt zerflust. Vorhang auf für ein reines Blau, auch erste Sonnenenstrahlen stehlen sich durch den Wolkenvlies. An der Hauptstraße haben Arbeiter ein Gerüst hoch gezogen. Gestern trugen sie noch Anoraks, heute arbeiten sie in T-Shirts. Hinter dem Gericht am Kleistpark stehen die Menschen bei den “Eismännern” Schlange – und wer genau hinsieht, macht in Schöneberg die ersten Mandelblüten aus. Es wird Frühling.

Der Lenz rückt mit Naturgewalt an. 20 Grad verheißen die Wetterforscher, einen blitzblank geputzten Himmel, pralles Leben in Biergärten und Straßencafés – und ein Aufwallen der Gefühle.

Deshalb jetzt ein Vorgeschmack im “Journal”:

Her mit dem Frühling! Her mit der Sonne! Her mit dem Leben!

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“Auf! Kinder, zum Tanze, / Der Frühling bricht an; / Es blühen zum Kranze / Die Veilchen heran. / Die Vögel sind munter / Und singen ein Lied; / Das Fröschlein quakt drunter / Und freuet sich mit. / Wißt, Kinder, daß Veilchen Nicht lange mehr blüh’n; / Sie duften ein Weilchen, / Dann welken sie hin.” VOLKSLIED

 

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“Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde, / dann im Kalender und dann in der Luft, / und endlich hüllt auch Fräulein Adelgunde / sich in die frischgewaschene Frühlingskluft. Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze? / Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst? / Doch seine Triebe kennen keine Grenze – / dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.” KURT TUCHOLSKY

 

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“Er bringt Jasmin und Röselein, / Und Veilchen und duftige Kräutchen, / Und Sellerie für den Bräutigam, / Und Spargel für das Bräutchen.” HEINRICH HEINE

 

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“Rosa Wölkchen überm Wald / wissen noch vom Abendrot dahinter – / überwunden ist der Winter, / Frühling kommt nun bald. Unterm Monde silberweiß, / zwischen Wipfeln schwarz und kraus / flügelt eine Fledermaus / ihren ersten Kreis… Rosa Wölkchen überm Wald / wissen noch vom Abendrot dahinter / überwunden ist der Winter, / Frühling kommt nun bald.” CHRISTIAN MORGENSTERN

 

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“Wenn die Drossel schreit, ist der Lenz nicht mehr weit. ” – “Im Frühjahr Spinnweben auf dem Feld gibt einen schwülen Sommer.” DER DEUTSCHE BAUER I

 

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“Wie das Wetter von Frühlingsanfang bis Mitte April, wird es im Sommer sein, so Gott will.” – “Frühlingregen bringt Segen.” DEUTSCHER BAUER II

 

 

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“Gibt’s im Frühjahr viel Frösche, so geraten die Erbsen.” – “Grasmücken, die fleissig singen, wollen uns das Frühjahr bringen.” DEUTSCHER BAUER III

 

 

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“Donner über dem kahlen Baum bedeutet kein gut Frühjahr.” – “Steigt der Saft in die Bäume, erwachen die Frühlingsträume.” – “Von wilden Blümlein die roten und Spechte sind Frühlingsboten.” – “Viel Nebel im Frühjahr, viel Gewitter im Sommer.” – “Wenn der Frühling Wärme bringt, bis weit in den Herbst die Grille singt.” DEUTSCHER BAUER IV

 

 

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„Die Straßen liegen auf dem Rücken, genießen den Frühling und lächeln….Die Zahl unserer Abende ist begrenzt, und mit jedem verplemperten Abend versündigt man sich grausam am natürlichen Lauf des einzigen Lebens, das man hat.“ CHARLES BUKOWSKY / FOTOS: BARBARA VOLKMER