EGO

Startschuss: 17. August 2019, 6.00 Uhr. Zielschluss: 18. August 2019, 12.00 Uhr. Dazwischen: 160 Kilometer zu Fuß rund um Berlin. Das Event heißt “Mauerweglauf”. In “Vettensjournal” das Protokoll der Vorbereitung. Es beginnt am 9. März 2019 und endet am 17. August: 22 WOCHEN.

Krohn notiert, 14. August

„Du fliehst doch nur. Das tust Du nicht für mich. Davonlaufen – das ist, was Du tust“, hat Sabrina gesagt. 

Seither sind wir freundlich und kühl miteinander umgegangen. Ich habe mir meine Moral-Unterstützer überall gesucht, nur nicht bei Sabrina. 

Wir haben gepackt, jeder für sich (sie die Sachen fürs Theater, die Restaurants und die Museen; ich den Sportkram). Einen Tag  und eine Nacht ohne großen Kontakt. Morgens haben wir den Wagen beladen und sind los gefahren. 

Ein stummes Reisen. Deutschlandfunk. Lighthouse Family. Gerhard Polt. Nachdenken. Einsichten. Aber noch nichts sagen.

Bei Leipzig endet das Schweigen.

„Eigentlich…“, sagt sie.

„Ja?“

„Eigentlich freue ich mich auf Berlin.“

„Ja.“

„Und eigentlich…“

„Ja.“

„Gibt es keinen Grund zum Streiten.“

„Schön, dass Du es sagst. Wir sind doof.“

„Sind wir. Du machst diesen komischen Lauf. Ich werde das nie verstehen, aber das hast Du nun mal so gelernt. Wenn Dir das gefällt, dann machst Du’s eben.“

„Ja. Und ich habe überlegt…“

„Ach was!“

„Psscht! Ist wichtig: Ich habe ja immer gesagt, ich tue das für Dich. Das ist sowas wie eine Wallfahrt fürs Gesund-Werden. Das habe ich auch geglaubt, ich wollte mir da nix vormachen. Aber es ist nicht die richtige Erklärung.“

„Sondern?“

„Ich tue das für mich. Als ich krank geworden bin, habe ich mir vorgenommen, dass ich wieder auf die Beine komme. Dass ich wenigstens bei dem Lauf starte. Und dann schaue ich mal. Ich will wenigstens dabei sein. Ich mache das, so gut ich kann – und hole mir dabei die Kraft für uns.“

„Verstehe, das verstehe ich. Das klingt gut.“

„Wir brauchen viel Kraft für uns…“

„Ja, Hans, es ist angekommen. Geh am Samstag auf die Piste und komme gesund nach Hause. Und dann machen wir weiter.“

Wir erreichen Berlin. Bei Dreilinden unterqueren wir die Brücke des Mauerwegs. Ich denke, dass ich da Samstag drüber muss, wenn ich ins Ziel will. Dann hätte ich noch nicht mal die Hälfte.

Jetzt habe ich die Muffen.