SATANSBRA…

 

11. märz 2017        ——       DER NEUE, Tag 51

New York, 1980

 

DONALD ZEIGT DEM LEHRER, WAS SACHE IST

Mein Bruder geht gern zur Schule. Er besucht die Kew-Forest-School, in der die Pädagogen sich in der Hohen Kunst der Toleranz üben. Sie lassen den Kindern Raum, sich zu entfalten. Schlechte Noten sind verpönt, die – überwiegend – Jungen sollen nicht überfordert werden.

Ich mag die Lehrer. Sie sind höflich und haben Freude an dem, was sie tun.

Dann kommt Donald. Er liebt die Schule. Er ist…

 

Eines Abends ist der Direktor der Schule bei meinen Eltern zu Gast. Ich kann nicht anders, ich schleiche ins Erdgeschoss und horche an der Tür.

Der Direktor hat eine tiefe Stimme wie ein Westernheld, er redet langsam und leise, ein angenehmer Mann ist er.

„Es ist mir peinlich“, sagt er, „normalerweise regeln wir die Dinge selbst und behelligen die Eltern nicht. Aber bei Donald ist das eine andere Geschichte. Der Junge ist für einige meiner Kollegen…“

Der Direktor mag eigentlich nicht weiter sprechen.

„Ja, was nun?“, fragt mein Vater, der Wichtigeres zu tun hätte als mit einem Pauker zu palavern.

„Der Junge ist, sagen die Kollegen, ein Albtraum. Extrem rebellisch. Störrisch. Er testet uns ständig aus.“

„Wie meinen Sie das?“

„Er ist ein schlauer Bursche und findet immer neue Winkelzüge, wie er uns herausfordern kann. Es gibt kaum eine Stunde, in der er nicht auffallen würde.“

Nun stoppt auch mein Vater den Direktor nicht mehr. Donald schwätze ungeniert, er werfe mit Bleistiften und Radiergummis, er habe einem Klassenkameraden Haare abgeschnitten, in der Pause remple er die Anderen so, dass sie sich verletzten, beim Sport sei sein Jähzorn nicht zu bremsen.

Na und, fragt der Vater. Donald sei ein Junge, was gebe es daran auszusetzen, wenn sich ein Junge durchsetzt?

Im Prinzip nichts. Aber Donald treibe es so schlimm, wie der Direktor das noch nie erlebt habe. Der Grund des Besuchs seien aber nicht diese Auffälligkeiten…

Sondern?

„Er hat seinen Musiklehrer geohrfeigt.“

„Wie bitte?“

„Er hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Als der Lehrer ihn darauf ansprach, ist Donald auf ihn zugegangen und hat ihm eine Ohrfeige verpasst. Sie können sich vorstellen, dass das gar nicht mehr geht. Hier müssen wir gemeinsam eine Lösung finden.“

Müssen wir?“ Die Stimme meines Vaters ist nicht nett. „Ich ruf‘ den Jungen.“

 

Ich verdrücke mich in die Küche. Donald kommt, die Tür wird geschlossen, ich kann wieder lauschen.

„Donald“, sagt der Vater, „was ist dran, dass Du Deinen Musiklehrer geohrfeigt hast?“

„Stimmt“, sagt Donald.

„Wie das? Du bist zwölf, Dein Lehrer ist erwachsen. Wie kommst Du auf so eine Idee?“

Donald ist nicht im Geringsten beunruhigt. Er sagt zornig: „Ich kann das erklären. Er hat gesagt, ich habe meine Hausaufgaben nicht gemacht. Das stimmt. Ich mache für den Mann keine Hausaufgaben. Das habe ich ihm gesagt. Da hat er gemeint, ich muss die Aufgaben machen, ich bin der Schüler, und er ist der Lehrer. Da habe ich gesagt, er ist ein schlechter Lehrer und kann mir gar nichts. Er wollte einen Brief an Dich schreiben. Ja, und da ist es dann passiert.“

„Aha“, meint der Vater. Mehr nicht.

 

Bestraft wird Donald nicht. Die Mutter und der Vater diskutieren das Thema. Dann schicken sie ihn aufs Internat. Mal sehen, ob da die Lehrer besser sind.

Morgen: Pfeffersteak