BRAUNE BRUT

brenner, im november 2016  —  ÜBERN BERG, Teil 2

 

Das wird ein strenger Winter, das ist ein klirrkalter Novemberabend. Oben am Brenner rollen die tumbleweeds durch die Gassen, die Rotlichtpinte ist verdammt geschlossen. Schon lang sind sie weiter gezogen, die Schnaps-Nutten. Vielleicht nach Innsbruck, da kann man nett arbeiten. Vielleicht auch nach Bozen, da machen die poliziotti gerade Hatz auf die putane.

Egal. Sie sind weg. Und sie fehlen. Es fehlen auch die Radio-Fritzen. Hier haben vor einem Dutzend Jahren eine Handvoll Anarchisten das „radio brenner“ gemacht. Wenn Du das gehört hast, ist der Zorn in Dich übergegangen.

Jetzt rollen – seien wir ehrlich – nicht mal dorrige Kugelbüsche über die Straße. Tumbleweeds sind aus, dafür ist ein Outlet-Centre in. Ansonsten haben sie den Brenner vollgemüllt. Der Ort friert um neun Uhr abends vor sich hin, nicht mal die Ratten haben Bock auf action.

Menschen verkriechen sich schlussendlich in die Bahnhofs-Bar. Da stehen sie und warten den Zehn-Uhr-Zapfenstreich ab. Dann ist der letzte Personenzug durch, und die Bar wird dicht gemacht.

Die Bedienung hat lange Beine, ein paar Tattoos, keine Lust auf morgen und so.

„Chiudiamo“, sagt sie, „wir schließen“.

Man trinkt aus. Zieht sich an und denkt fröstelnd an draußen

Mehr ist da nicht am Brenner.

Einer will gar nicht gehen. Hat einen ordentlichen Rausch und redet mit sich selbst. Ab und zu entfährt ihm ein schriller Lacher. Er hat ein wichtiges Thema, Außenstehende werden nicht recht klug aus seinem Gemurmel. Nur manchmal entlässt er Wortfetzen in den Saal, die nach Tirol klingen.

„Bagasch, varreckte!“

„Hoamschickn, olle mitnand!!

„Näga, arbeitslose.“

„Des is insa Land.“

 

Die braune Brut gedeiht prächtig hier an der Grenze zwischen uns und den Itakern. Unlängst hat es in der Zeitung gestanden, dass sie wieder einen erwischt hatten an der Grenze hier heroben am Pass.

Brenner – Am Brenner ist am Samstagabend ein Flüchtling stark unterkühlt in einem Lkw entdeckt worden. Bei der Lkw-Kontrollstelle schaute der Mann durch einen Schlitz in der Plane heraus und wurde dabei von einem Passanten entdeckt.

Die Polizei nahm den etwa 20-jährigen Migranten fest…“

 

 

So stand es im Regionalblatt – und im Netz brach der Sturm los. Die wackeren Tiroler mit einer völkischen Gesinnung setzten sich auf ihre breiten Ärsche und dichteten, dass Donald Trump seine Freude gehabt hätte.

„Jogl“: Er hat es geschafft, der sogenannte Flüchtling! Nun kann er es sich aussuchen  wo er am besten versorgt wird.Vor Abschiebung braucht er keine Angst haben.

„Staenkerer“: a “ormer flüchtling” der in “sicherheit” wor u. nor es geld genua hot quer durch europa zu “flüchtn” weil er bestimmt wo er bleibn will … jo, jo … a oanzelfoll ..

„oli“: der wollte nur mal schauen ob es am Brenner schon Schnee hat , dann weiter nach Deutschland zur MUTTI . Aber so hat Südtirol ein Facharbeiter der MUTTI genommen

„felix“: von was ist er eigentlich aus griechenland und italien geflüchtet……?

„Witschi“: wollte er während der fahrt vielleicht noch einen cappuccino mit brioches?

„Missx“: Sorry, unter Migrant verstehe ich etwas anderes als auf einem LKW unterwegs zu sein. Offensichtlich verbotenerweise, sonst hätte er ja mit dem Zug oder via Autostop kommen können.

„Rasputin“: de probleme van lkw – fahrer mecht i itz net hobm

„raunzer“: Gebt den Mann zu essen und zu trinken und dann schnellstens zurück bevor diese Masche der illegalen Einwanderung Schule macht.

„Alpenrepublik“: Nun dann gute Rückkehr nach Afghanistan…. Europa und wir können nicht die ganze Welt aufnehmen und retten!!!!!!

 

 Da hat „Alpenrepublik” wohl Recht. Oben am Brenner ist nichts mehr zu retten.

 

Morgen: Doppelter Boden