HABE DIE EHRE
wien, 9. märz 2015
“sputniks welt” ist weit, zur Zeit. Heute beim Schnäppchenkauf im Berliner Süden, dann am Roten Teppich der “Berlinale” oder zur Starkbier-Verkostung nach München. Und nun, Leute, nun treibt sich “Sputnik” in Wien herum. Ach, Wien, Du Herrliche! Wenn Du nicht eine Lust bist für einen Gassen-Kenner, was dann?
Im “Café Frey” übertreibt es der Hund fast ein wenig mit dem Schmäh. Er poussiert mit der Bedienung, die einen jeden neuen Gast aufs Herrischste herum kommandiert. “Sputnik”, zeigt sich durch die Barschheit der Person nicht eingeschüchtert, lässt das Weiße in den Augen treuherzig leuchten, scharwenzelt wedelnd um die rustikale Fremde mit der strammen Oberweite herum, reibt sein Köpfchen an ihrem Schienbein und gibt ihr zu verstehen, sie sei die Einzige, die Allerallereinzige auf der Welt – und im 4. Wiener Bezirk zumal.

Beim “Frey” riecht’s streng nach Rauch und nach den klugen Gedanken der Schachspieler im Salon. FOTOS: BARBARA VOLKMER
Die Anna hat viel gesehen in ihrem Leben, deswegen ist sie misstrauisch. Gerade wenn es um die Mannsbilder geht. Daheim in der Slowakei waren sie Hallodris, an den diversen Arbeitsstellen in der österreichischen Provinz waren sie Hanswurschtn, und in Wien sind sie wie wohl überall auf der Welt:
Männer halt! Mit ihnen passt es nicht so recht, ohne sie ist es auch kein Spaß.
Aber auf der Hut sollte man eben sein bei den Männern. Bei allen.
Doch nun schwanzelt so ein Kerl wie der “Sputnik” daher – und das Herz der rauen Anna schmilzt wie der letzte Wienerwald-Schnee im Märzen.
Sie hat was ganz Weiches in der Stimme, als sie dem Besitzer des “Sputnik” erklärt: “Deine Briefmarkensammlung mecht’st ma zoagn? Naa, Ihr werds zwoa Schlimme sein, Du und Dei Sputnik! Soso, de Briefmarken mechtst ma zoagn – da frag i mi, wo se dann picken, de Markn.”

Lässige Stadt, dieses Wien!
Der Piefke-Gast errötet leicht, denn er hat verstanden. Briefmarken werden in der Wiener “Shade-of-Grey”-Variante erst interessant, wenn sie an charmanten Stellen “picken” (das Verb steht fürs hochdeutsche “Kleben”).
Also, die Anna redet über ihre spezielle Liebe zur Philatelie – und der “Sputnik” muss – wenn nicht alles täuscht – kolossal über seinen schamrosa Zweibeiner-Kumpel kichern.
Er hat ohnehin eine heitere Zeit in Wien, der “Sputnik”. Die Hundebesitzer der Stadt und ihre Tiere sind von einer großen Gelassenheit. Wanderungen zur Jubiläumswarte oberhalb von Schloss Wilhelminenberg führen regelmäßig zu interessanten neuen Bekanntschaften.
Was für eine schöne Zeit:
Einmal haben es eine Mops-Dame und ich beinahe geschafft, uns in die Büsche zu verdrücken. Im letzten Moment hat der Würstechengeber ein Verbot gebrüllt.
Ich überlege: Gaudi mit der Möpsin, lohnt das den Ärger mit dem Alpha-Typen? Ich entscheide mich fürs Einlenken und bleibe aus den Büschen heraußen.
Dafür – hihi – bin ich ein bisschen später mit dem Matsch auf der Neuwiese verschmolzen. Herrlich! Ich habe mich in den Morast geschmissen, längslang und rücklings bin ich durch den Dreck gerodelt.
Eine Stunde später waren wir wieder im Hotel zurück. Der Mann mit der schönen Uniform hat die Nase gerümpft, und ein Teil von der Neuwiese hat sich auf dem schönen Teppich im Zimmer verteilt.
Dann bin ich geduscht worden, das war nicht fein. Das würde ich dem Alpha noch heimzahlen.
Jetzt ist der Augenblick gekommen:
Die Anna würde wahrscheinlich gern noch ausführen, wie sich das mit dem “Picken” der Briefmarken und dem Bewundern der Sammlung im Einzelnen verhält.
Da beendet der grinsende “Sputnik” die Siesta im “Frey”. Er kommt auf die Haxn, streckt sich, drückt der Rücken durch, sperrt das Maul weit auf, macht es wieder zu, dann kläfft er. Bestimmt und unmissverständlich:
“Los, Alter, raus an die Luft. Wien gucken. Rum laufen. Laternenmasten suchen. Revier markieren. Wir sind hier nicht zum Spaß!”
Unter Seufzen wird der Hund angeleint. Wien wartet. Die Briefmarken nicht.