DIE HASS-BERGE
lindow, 27. märz 2015
Kühl und grau ist es am See. Aber im Wald piepen sich Meise und Co die Frühlingsgefühle aus den Federn. Dürr steht das Schilf am Ufer, aber an den Weiden plustern sich schon die ersten Knospen auf. Noch sind die Wiesen winterbraun, doch an einigen Stellen lugen die ersten Schlüsselblumen ins Freie. In einer Woche ist Ostern, übermorgen wird die Uhr auf sommerliche Zeit umgestellt. Das “Journal” läutet die neue Jahreszeit ein. Das Thema der kleinen Serie lautet “Natur pur”. Folge 1: Dieser Dreckkerl!
Das Frühjahr also soll uns erfreuen, aber wie kann ein denkender Gärtner noch Befriedigung und Vorfreude empfinden, wenn er im März den Rasen betritt? Es gibt Jahre, da hält sich das Grauen in Grenzen – doch 2015 hat es der Vollidiot, der haarige, wirklich arg getrieben. Hat gebohrt und gewühlt, hat einen Haufen neben dem anderen durch die Grasnabe geschoben. Der Garten hat Akne, klitzekleine Drecksvulkane überall. Sogar die Krokusse sind von unten gemeuchelt worden.

Aus der Tiefe kommt das Grauen. FOTOS: BARBARA VOLKMER
Ein Passant bleibt am Zaun stehen und grient. “Ganz schön fleissicher Maulwurf, den’De da hast.”
Ja klar! Wer den Hügel hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Ein Maulwurf im Garten zeigt dem homo sapiens die Grenzen aller Weisheit auf. Da kann man reden, mit wem man will: Niemand weiß, wie man den Dreckskerlen, die angeblich obendrein blind sein sollen, beikommen kann.
Im sächsischen Lichtenhain erklärte ein alter Mann, er habe in seinem langen Leben alles gegen die Maulwürfe probiert, nun lasse er ihnen ihren Willen. Im oberbayerischen Unterammergau gibt es einen Mann mittleren Alters, dem das Wildern nachgesagt wird und der – für ein ordentliches Schwarzgeld – mit einer illegalen Chemiekeule arbeitet. Im oberfränkischen Reundorf sagt der Bauer Schorsch, die Maulwürfe seien die Sache seiner Frau. “Ich hab’ meine Felder, da fallen die paar Hügel nicht auf. Und wenn sich meine Alte über den Maulwurf im Garten aufregt, sage ich ihr, das soll sie mit den Kollegen vom Gartenbauverein ausmachen.”
In Brandenburg soll es jemanden geben, der das passende Gift vertreibt. Doch der Typ ist so schwer aufzutreiben wie ein gewissenhafter Dealer.
Also bleibt dem Otto Normal-Gärtner nichts übrig als seufzend die Hügel abzutragen und zu hoffen, dass das Drecks-Vieh endlich in eine Art Sommerschlaf fällt. Bis dahin kann man nicht umhin, das Tier als Sieger nach Punkten und durch K.O. zu akzeptieren.

Ein Häuflein in Ehren!
Die talpa europaea gewinnt immer. Ein Mann mag kämpfen können wie Conan der Barbar, er mag ein Herkules sein oder in den Zaubertrank gefallen – gegen den Maulwurf ist er machtlos. Das hat schon Meister Brehm beobachtet. Im “Tierleben” schildert er einen der fürchtenswertesten Feinde des Menschen:
“Das Graben selbst wird dem Maulwurf sehr leicht. Mit Hülfe seiner starken Nackenmuskeln und der gewaltigen Schaufelhände, mit denen er sich an einem bestimmten Orte festhält, bohrt er die Schnauze in den lockeren Boden ein, zerscharrt um sich herum die Erdschollen mit den Vorderpfoten und wirft sie mit außerordentlicher Schnelligkeit hinter sich.”

Frühjahr wird’s! Schöne Aussichten für den Gartenfreund.
Es ist wie ein Horrorfilm. Happy End ausgeschllossen. Und es höret nit auf:
“Durch die Schließfähigkeit seiner Ohren ist er vor dem Eindringen von Sand und Erde in dieselben vollkommen geschützt. Die aufgescharrte Erde läßt er in seinem eben gemachten Gange so lange hinter sich liegen, bis die Menge ihm unbequem wird. Dann versucht er an die Oberfläche zu kommen und wirft die Erde nach und nach mit der Schnauze heraus. Dabei ist er fast immer mit einer 12 bis 15 Centimeter hohen Schicht lockerer Erde überdeckt. In leichtem Boden gräbt er mit einer wirklich verwunderungswürdigen Schnelligkeit.”
Genug, ach, es ist genug! Da hilft nur eines: den Dreck weg machen und allen Hass gleich mit begraben.
Morgen: Springkraut, oder: freundliche Übernahme