AUSVERKAUF
berlin, 9. juni 2015
Vor einem halben Jahr hat das KaDeWe, diese Kaufhaus-Institution in Berlin, den Peter Georgi, den alten Sack, raus geschmissen. Ein Jahrzehnt lang war er – kräftige Statur, prächtiger Bart, Pausbäckchen – gut genug gewesen, zur lauten Stillen Zeit in einem rot-weißen Mantel im Atrium des Hauses den Weihnachtsmann zu mimen. Doch damit war Schluss, hohoho! Ein Jüngerer durfte ran, Herr Georgi sollte bleiben, wo das Rentier wächst.
Die können manchmal ganz schön fies sein im KaDeWe. Wenn sie beklaut werden, wenn die Mitarbeiter den Tatterich kriegen, wenn die Penner die Kundschaft verscheuchen…

Heil’ge Hallen, fürwahr! FOTOS: BARBARA VOLKMER, KaDeWe
Die können aber auch supercharmant sein und paradiesische Stimmung verbreiten. Wenn sich die tausenddreihundert Käsesorten gut verkaufen, wenn der Robbie Williams oder die Knef zu Gast ist – oder wie jetzt: Da haben sich die KaDeWe-ler mit hochmögenden italienischen Herrschaften ins Bett gelegt. Das ist eine Vermählung, bei der die Liebhaber des Luxuslebens nur so mit der Zunge schnalzen.

Die Knef kann’s Stöbern nicht lassen.
Die “Lebensmittelzeitung” stellt den Schampus kalt und berichtet vor der Fete nüchtern: “Der italienische Betreiber von Luxus-Warenhäusern La Rinascente steigt als strategischer Partner bei der KaDeWe Group ein. Gemeinsam wollen die beiden Partner mit Zukäufen und Millioneninvestitionen zum europäischen Marktführer im Premiumsegment aufsteigen.”

Strahlend, sagt man, soll die Zukunft sein.
Na bitte! Geht doch noch was im Warentempel am Wittenbergplatz. Man darf hoffen, dass das KaDeWe uns allen noch viel Freude bereiten wird. Laut “Tagesspiegel” ist “die Partnerschaft mit Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe verbunden. Mit dem Geld sollen unter anderem Luxuskaufhäuser in Wien und Prag nach dem Vorbild der Einkaufstempel von La Rinascente entstehen. Aber auch an den drei bisherigen Standorten der KaDeWe-Gruppe in Berlin, dem Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München soll dem Vernehmen nach kräftig investiert werden: So soll offenbar das Aushängeschild des KaDeWe, die Lebensmittelabteilung, künftig noch exklusiver werden.”
Siehste! Da hat damals der olle Adi schon die richtigen Visionen gehabt. Ein jüdischer Kaufmann war Adolf Jandorf – und als er im Jahr 1907 seine Super-Klitsche in der verpennten Tauentzienstraße eröffnete, haben sich viele an die Stirn getippt. Ein riesiges Warenhaus in einer Wohngegend – sowas nennt man dann wohl meschugge!

“Was Lage ist, bestimme ich!”
Ach, lasst mir doch meine Ruhe, hat der olle Adi gemeint. Und wenn sie ihn weiter löcherten, bekamen sie zu hören: “Was Lage ist, bestimme ich.”
Genau. Besser und besser ist die Lage geworden, größer und größer das Haus. Der Hitler hat das KaDeWe nicht gemocht. Die Amis haben es am 23. November 1943 fast in Schutt und Asche gebombt.
Aber nach dem Krieg stand da immer noch was. Und am 3. Juli 1950 stürmten zur Wiedereröffnung 180.000 Berliner das KaDeWe und deckten sich vor allem mit Fett und Würstchen ein. So viele Menschen drängelten sich auf dem Vorplatz nur noch kurz nach der Wende – da haben sich die Ossis ihren Traum vom Kucken erfüllt.
Jetzt also, nach vielem Hin und Her, wieder ein neuer Besitzer. Aus Italien kommt er. Hat auch eine schöne Vorgeschichte:
Die Brüder Luigi e Ferdinando Bocconi, Gründer der gleichnamigen Universität Mailands, waren auch die Initiatoren des 1865 eröffneten ersten Kaufhauses für konfektionierte Markenkleidung in Mailand. Die Idee hatte großen Erfolg, und 1917 gründete Gabriele D’Annunzio La Rinascente als einen Ort, wo Künstler in Abteilungen ihre hochwertigen Waren anpriesen. La Rinascente ist heute das Top-In Kaufhaus auf acht Etagen auf der Piazza del Duomo.

Oh, wie verführerisch!
Die Signore und Signori sind selbstbewusst und erklären, ihnen gehöre die Zukunft. Nein, die haben keinen Bammel sie könnten sich verheben. Bei ihnen klingt eine Eigenbeschreibung so:
“Soprattutto ha saputo leggere i segnali del proprio tempo, cambiare rotta al momento giusto e diventare un punto di riferimento per lo shopping di alto livello.”
Geht’s auch auf Deutsch? Klar:
Wir sind die Ober-Checker. Uns erwischste nicht auf dem falschen Fuß. Wir hängen die Mäntel nach dem Wind. Und wir verkaufen auch unsere Oma – Hauptsache, der Preis stimmt.
Und wennse zu alt is, die Omma, dann wirdse entlassen.

Tritt ein, Fremder, Kucken kostet nix.