LECHZ!

lindow, 30. märz 2015

Dem Hund – so möchte der Mensch meinen – gebricht es manchmal an Sensibilität. Die Zeitumstellung Von Samstag auf Sonntag beispielshalber hat “sputnik” verpennt. Auch beim Sturm in der Nacht von gestern auf heute hat er nicht einmal geblinzelt. Da ist er dickfellig gewesen. Doch ansonsten zeigt sich “sputnik” momentan von auffälliger Dünnhäutigkeit. Frühlingsgefühle?

Wir wollen dem Hund nichts Menschliches andichten. Aber absonderlich führt er sich dieser Tage manchmal schon auf.

Gestern Nachmittag zum Beispiel hat er vor lauter Aufgeregtheit nicht mehr geradeaus laufen können. Er schnürte hin, er schnürte her, er durchmaß den Forst am See nach links und nach rechts, die Nase dicht auf den Boden geheftet. Verfiel vom hektischen Gewusel in stockenden Trab. Schließlich stoppte er, drückte den Fang tief in die modernde Nadelschicht. Der Hintern bebte, der Atem ging in kurzen Stößen. Makrosmatiker (Nasentier) “sputnik” war jetzt mittendrin im positiven Stress.

Der spanische Mischling hat geschätzte 175 bis 200 Millionen Riechzellen, die jetzt im Akkord arbeiteten. Durch 300 Atemzüge pro Minute wurden sie mit neuen Geruchspartikeln versorgt. Rechts und links filterte die Nase im Stereo-Modus, alte Spuren wurden beurteilt, neue gespeichert. Der Hund war einer wahnsinnig aufregenden Welt auf der Spur.

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Nase runter, auf die Pirsch! FOTOS: BARBARA VOLKMER

 

Denn momentan riechen der Wald und die Wiesen und die Trottoirs der kleinen Stadt nach Neuem, nach Leben, nach vielenvielen Hundefrauen, die auch ganz wild nach Leben jiepern.

Zurück im heimischen Garten. Die Feinnervigkeit nimmt noch zu. Der Mensch hat die Beete umgegraben – nun müssen sie von “sputnik” aufs Genaueste inspiziert und berochen werden. Nach erfolgter Kontrolle stellt sich der Hund mittig ins frisch geharkte Geviert und gräbt genüsslich eine Grube. Eigentlich müsste jetzt ein Knochen oder etwas Ähnliches her, denn Hunde graben, um etwas zu vergraben. Da “sputnik” aber knochenlos ist, lässt er das Loch einfach ungefüllt im Beet zurück.

Weiter, zm Zaun. Hier sitzt der Hund an und harrt der Passanten. Meist kommen sie auf zwei Beinen, dann sind sie uninteressant. Manchmal sind aber auch Hunde dabei. Die werden wechselweise angeknurrt, dann sind es Kerle (übrigens klingt “sputnik” besonders gefährlich, wenn er durch den Zaun geschützt knurrt). Oder sie werden mit überschlagender Stimme bebellt, dann sind es Weibsbilder (übrigens geht in diesen Momenten dem “sputnik” der doofe Zaun mächtig auf den Zeiger).

Halbstundenweise hält der Hund es am Zaun aus. Dann lässt er’s genug sein. Er stromert durch den Garten, der sich gerade fürs Frühjahr aufbrezelt. Eigentlich ist er müde vom Wald-Wildern, Beete-Buddeln und Zaun-Sitzen.

Doch eines bleibt – vor allfälliger Siesta – noch zu erledigen. Stippvisite am Teich.

Und “sputnik” hat den richtigen Riecher gehabt. Da hocken sie doch wirklich auf der kleinen Insel und blasen die Federn auf. Diese Bunte und der Braune. Diese Enten, die miserabligen! Waren schon im vergangenen Jahr hier und haben sich über den Hund scheckig gelacht.

Echt! Diese zwei Mist-Enten können einem “sputnik” den ganzen Tag vermiesen. Hocken auf der Insel und sind nicht erreichbar. Brüten da rum und scheren sich einen feuchten Kehricht, wenn einer bellt.

Manchmal lassen sie sich lässig ins Wasser gleiten und dümpeln so vor sich hin. Werden immer näher ans Ufer getrieben.

Und dann – dann glaubt er jedesmal aufs Neue, dass er sie diesmal kriegen wird. Dann stürzt “sputnik” kläffend aufs Wasser zu, die ganze angestaute Wut rollt aus seinem Rachen, die Lefzen schäumen, gleich schnappt er zu.

Denkste!

Im allerletzten Augenblick tun die Bunte und der Braune zwei drei klatschende Fügelschläge, heben ab wie US-Kampfflugzeuge und sind dann mal weg. Wenn sie es besonders übel meinen, ziehen sie über dem tobenden Erdenhund eine luftige Runde.

GRR! Frühling kann echt beschissen sein.

“sputnik” trollt sich. Der Schwanz hängt mutlos durch, “sputnik” passiert grantig das gelöcherte Beet. Er tigert zur Haustür, die steht offen. Der Hund tappt mit schmutzigen Pfoten in die Stube, steigt seufzend in sein Körbchen (uihh!, da liegt ja noch ein Knochen!), zupft und zerrt die Decke zurecht, jetzt ist der Hund schon besser gelaunt.

Er streckt sich noch einmal, wittert nach allen Richtungen. Nichts Besonderes los. Okay. “sputnik” lässt sich plumpsen, ringelt sich ein. Augen zu. Einschlafen. Träumen. Vom Wald und vom Frühjahr. Von Weibern und vom Fangen wilder Enten.

“sputnik” träumt.

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Der Makrosmatiker im Ruhe-Modus

 

Er hat echt ein dolles Leben.