YVES

scheisszeitenwende 96

 

Yves.

„Was wänd Ihr?“

Er studiert die Kunden. Dann: Das ist doch?

„Du bisch doch de Manager! Ich han gmeint, du lebsch nüm. Wänn bisch du s’letscht Mal da gsi?“

Ja, sagt grinsend Hans Krohn. Er sei „der Manager“.

Was all das denn heißen solle, fragt Clara.

Yves hat für alle Menschen, die er sich merken will, eine eigene Bezeichnung.

„Ich bruuche das. Name cha ich mir nöd merke. Das isch mini Eselsbrugg. Wie mir eus s’erscht Mal gseh händ, het dä Typ en Anzug a gha. Aber susch isch er ganz nett gsi. Drum het er es Wort übercho – dr Manager.“

Yves kümmert sich nicht um Clara, die Sorgenfalten auf der Stirn bekommt, weil sie nicht folgen kann. Hans übernimmt das Dolmetschen:

Yves brauche seine Eselsbrücken, weil es mit dem Namen-Merken hapere. Als man sich zum ersten Mal über den Weg lief, habe Hans einen Anzug getragen, echter Business-Typ. Aber sonst sei er okay gewesen. Also habe er seinen Namen weg gehabt. „Manager“.

Krohn wendet sich an den Antiken-Händler:

„Yves, ich weiß, Du kannst das. Und weil Clara eine ganz Nette ist, bitte ich Dich. Red‘ Deutsch mit uns.“

Yves grinst.

Seine Füße stecken in räudigen Jesus-Latschen. Die graue Anzughose ist an den Knien und am Hintern fadenscheinig, das Hemd ungewaschen und vom Rotwein fleckig. Yves‘ Hände zittern, seine Lider flattern, Pupillen und Iris schwimmen in rotem Geäder. Er hat eingefallene Wangen, grau-lila Haut, ungekämmtes schmutzig-weißes Haar. Yves ist ein alter Mann, dessen Körper zu sterben begonnen hat.

Aber er lacht wie der Bruder von Charly Rivel, dem Menschen unter den Clowns.

„Chömed doch rüber. Ich han da en herrliche Rote. Grad das Richtige vor em Zmittag. Lönd eus es bitzli verplaudere. Und ich möcht eu öppis zeige. Weisch, was ich aagfange han, Manager? Uf mini alte Tage schriib ich en Roman.“

Seuzend übersetzt Krohn:

„Kommt doch rüber. Ich habe da einen herrlichen Roten. Gerade das Rechte vor dem Mittagessen. Lasst uns ein wenig plaudern. und ich möchte euch etwas zeigen. Weißt du, was ich angefangen habe, Manager? Auf meine alten Tage schreibe ich einen Roman.

Sie gehen hinüber in den Raum, den normale Kunden nicht betreten. Yves dreht sich um.

„Aha, ja – wie heisst d’charmañti Lady da? Sie gseht ja ganz sympatisch us! Drum red ich grad nume no Dütsch. Chömed, chömed!“