STILL DER SEE
scheisszeitenwende 115
Sie sitzen auf einer Bank am Uetliberg und teilen sich ein Sandwich und eine Cola.
Eine aparte Frau – blaue Sportjacke, Jeans, Wanderschuhe, dezent geschminkt, dazu passt ein ein leicht erhitzter Teint. Ein zäh gewachsener sorgfältig rasierter sorgenfaltiger Mann – Cordhosen, um die Schultern geschlungener schwarzer Philip-Plein-Pullover, unpassende Merino-Runners ohne Socken.
Der See glitzert. Am Horizont Schneegipfel im Scherenschnitt.
Auf dem Sandwich Salami, ein Salatblatt und zwei Gurkenscheiben. Die Wanderer haben es mit dem Getränk in einer Tankstelle unten in Zürich gekauft.
Blitzblau, mit einem Hauch Silber, der Himmel. Die Stadt rauscht leise.
Jeder noch einen letzten Bissen. Klara trinkt, bis nichts mehr in der Flasche ist. Hans dreht den Verschluss zu, steckt die Flasche und den Sandwich-Plastikmüll in seinen Rucksack. Er macht sich bereit.
„Lass uns noch einen Augenblick bleiben.“
Er lehnt sich zurück. Ihre Hände finden sich.
„Es ist schon zwei“, sagt er.
„Ja. Morgen um diese Zeit komme ich in Landeck an.“
„Ich weiß.“
„Ich muss zurück.“
„Ich weiß.“
„So beschissen habe ich mich – ich weiß nicht mehr, wie lange – seit Ewigkeiten nicht gefühlt.“
„Ja.“
„Was sollen wir tun?“
„Ich weiß nicht.“
