DOLLE NIEDERLAGE

berlin, 22. april 2015

Wie man den netten Herrn Schulz kennt, wird er heute ‘ne Pulle Schaumwein köpfen und auf seine knorke Niederlage gegen den US-Opi anstoßen, die sich heute zum 20.en Mal jährt. Am 22. April verlor Herr Schulz – Vorname Axel, damaliger Beruf: Boxer – in Las Vegas den WM-Kampf gegen den 46-jährigen George Foreman. Nach dem Kampf war allen klar: Man hatte den Axel beschissen. Er hat nach dem Fehlurteil auch erstmal geheult wie ein Schlosshund. Aber im Nachhinein ist dann noch alles gut geworden. Der Prügelknabe Axel Schulz ist ein echter Glückspilz.

Heute ist er 46 und mit sich im Reinen. “Mein Leben ist schön, besser kann es gar nicht sein.” Ist doch alles bestens. Im Fernsehen gibt er den Box-Experten, da hat er Verständnis für die Loser und Bewunderung für die Gewinner, er sagt nie verletzende Sachen – man muss ihn mögen, den Knuddelbären mit der Baseball-Mütze. Und wie schön er berlinern tut. Als Ratefuchs inne Glotze, als VIP-Gast inne Provinz, als Markenbotschafter für eine Küchenutensilien-Firma, neuerdings auch als Grillsaucen-Erfinder: “Zwee Jeschmacksrichtungen, eimmal schaaf, eimmal mild”.

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Des Lebens Süße auskosten – und das Runde für Runde. FOTOS: BARBARA VOLKMER

 

Axel ist immer nett. Klar, sagt er und lacht, “das ist mein Charakter, ich war schon als Kind so.” In Frankfurt an der Oder hat er in der Sportschule die letzte Stulle mit den Kumpels geteilt. Mit dem konntest Du Pferde klauen. Und jeder wusste: Der Axel tut keiner Fliege was zu Leide.

Auch dem George Forman – der ja schon mächtig alt war – hat Schulz seinerzeit in Las Vegas einen prächtigen sportlich brillanten Kampf geliefert. Dem Box-Veteran nützte all Erfahrung nichts – Axel Schulz war schneller, klüger, besser. Er traf und traf, er duckte sich weg. Puste hatte er für 20 Runden, der alte Mann aber ging nach acht Runden schon auf dem Zahnfleisch.

Es war alles so klar nach dem letzten Gong. Selbst Foreman wollte gratulieren.

Doch zum Sieger wurde der verdutzte Ami erklärt. Er sollte noch ein paarmal in den Ring steigen und Millionen machen. Der Ostdeutsche war in dieser Hinsicht nicht ergiebig.

Also verließ Schulz weinend die Arena. Er duschte, packte die Klamotten in die Taschen und trollte sich nach draußen. Nahm das nächste Taxi. Nur schnell weg! Ab ins Hotel, mit daheim telefonieren, die Minibar leer machen und dann weg duseln.

Der Taxifahrer drehte sich um. “Hey Mann”, fragte er, “bist Du nicht der deutsche Champ, der den Foreman verdroschen hat?”

“Hm”, antwortete Schulz.

“Ich sage Dir mal was.” Der Taxifahrer kriegte sich vor lauter Begeisterung nicht mehr ein. “Der Titel muss Dir gehören. Wer das nicht gesehen hat, ist blind. Du bist der Sieger. Große Klasse.”

Danke, sagte Axel Schulz und war gerührt.

Man kam an. Der Gast wollte zahlen.

“Lass den Quatsch. Es war mir eine Ehre. Von einem Champ wie dir nehme ich keine Kohle.”

Nun war Axel noch gerührter.

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Wie’s dem Sponsor gefällt: Gentleman trägt Kappe.

 

Damals wusste er nicht, was er heute weiß. Nichts Besseres als diese ungerechte Niederlage konnte einem wie ihm widerfahren.

“Ich werde noch ständig darauf angesprochen. Wegen des Urteils gibt’s mich doch überhaupt noch”, sagt Schulz im  April 2015. “George hat mir doch in mein neues Leben geholfen. Für die Leute war ich interessant, weil ich gekämpft habe und der Bessere war, aber man hat mich betrogen. Und danach habe ich ein bisschen geweint und weiter gemacht. Das hat den Leuten gefallen. Die mögen es, wenn Verlierer sich hoch rappeln.”

Heute lächelt er alle an und alle lächeln ihn an. Er muss nicht mehr trainieren, bis die Augen tränen. Er spielt Golf – da stört es nicht, dass er ein paar Pfund zu viel auf den Rippen hat.

Er muss nicht mehr in den Ring. Keiner will ihn hauen, und er muss keinen hauen.

‘n dolles Leben hat er.