WIESN IV

scheisszeitenwende 13

Ein Stünderl nach Angela Nixdorf schieben sich drei Männer aufs Festgelände. Das Gepäck haben sie ins Hotel am Englischen Garten gebracht, hernach ließ der Ernst ein Taxi springen. „Die U-Bahn ist eine Zumutung“, hat er gesagt. Verschwitzte Menschen wird man später zur Genüge treffen. Sie haben bei der Fahrt zur Theresienwiese die vielen Menschen in Tracht gesehen mit sich und ihrem Outfit verglichen. Gut schnitten sie ab. Der Ernst und der Franz hatten wetter- und kampfgegerbte Lederhosen und Janker, für den Rainer hatte Ernst etwas maßschneidern lassen. Bei so etwas lässt er sich nicht lumpen. „Du gehst mir nicht in der Jeans in ein Bierzelt“, hatte er gemeint. „Da kannst ja nicht einmal ordentlich speiben. Mit einer Lederhosen ist das kein Problem, das Speiben, glaubs mir.“

Ernst Weber hat viel Geld. Bauunternehmer in Öschlingen, 55 Jahre, Übergewicht, Prostatakrebs überstanden, früher war er Fußballer und Tennisspieler. Seine Frau ist 50 und lebenslustig, der Sohn studiert, die Tochter macht in einem Jahr Abitur. Weber ist Vorstand im Sportverein, macht zweimal im Jahr Männerausflüge mit Freunden, um die sich seine Frau nicht kümmert. Er hat ein Alkoholproblem.

Franz Maier hat sich in Webers mittelständischem Unternehmen hochgearbeitet zur rechten Hand des Chefs. Er ist der Mann fürs Dreckige in der Firma. Alter: 36. Zwei Jahre davon hat er im Knast gesessen – damals ist er für den Chef eingefahren. Seither ist ihm der lebenslang was schuld. Maier kann über die Maßen charmant sein. Das ist aber nicht sein Charakter – Maier ist ein Raufbold. Er geht einer Schlägerei nicht aus dem Weg, er mag Intrigen und liebt es, Andere zu erniedrigen. Maier kann’s mit den Frauen, er ist der perfekte Bodyguard des Ernst Weber.

Rainer Müller ist ein schlichter Mann, der den Kampf gegen den Alkohol verloren hat. Eigentlich sieht er gut aus, ist groß und gewandt, noch, trotz der Sauferei. Ernst Weber hat Müller als Gipser im Betrieb eingestellt, dort tut der 25-Jährige seinen Job tadellos. Am Wochenende lässt er es krachen. Bei den Frauen hat er kein Glück – sie können mit ihm nichts anfangen, ein wenig finster wirkt er, Charme ist ihm fremd. Kann sein, dass der Typ noch bei seiner Mutter wohnt. Man weiß eigentlich nichts von ihm – obwohl er immer da ist.

Bestens gelaunt und mit einem Schätzwert von 1,4 Promille haben sich die drei Männer aus dem Taxi gewurschtelt, ohne Blicke nach links und rechts haben sie den Bavariaring gequert – jetzt lassen sie sich in die Schaustellergasse schieben. Bald biegen sie nach links weg, versuchen ihr Glück beim ersten Zelt auf dem langen Weg. Es ist die Ochsenbraterei. Nach endlosem Schubsen und Drängeln ergattern sie drei Plätze und beginnen mit der Arbeit am Körper. Die Sonne scheint, aus dem Zelt kommt ein Lärm, der Lust und Rausch verspricht. Gibt es was Schöneres als solchen Moment?

Sie stoßen an, unsere Unzertrennlichen.

Und ahnen nicht, was da kommt.