WIESN I
scheisszeitenwende 10
Drei Männer im Intercity nach München, heute ist Anstich auf der Wiesn, für morgen haben die Herren Plätze reserviert, heute glühen sie im Speisewagen und später im Hofbräuhaus vor.
Drei Männer ohne Sorgen.
Einer hat das Geld.
Einer guckt auf die Weiber, er ist ein charmanter Kraft-Kerl voller Jugend und beschafft zur Not auch drei Girls für einen Abend.
Der Dritte ist Gipser, verträgt viel Alkohol und kann auch gut raufen.
Der Erste hat daheim eine Frau und kann sich das Vögeln auf dem ganzen Globus leisten.
Der Zweite hat nichts und kann immer.
Der Dritte wird wohl in gutding 20 Jahren am Suff sterben. Jetzt aber ist er ein Saufkumpan, mit dem man Gäule stehlen kann. Nach dem Koma steht er sofort wieder auf den Beinen und hält allerweil den Laden am Saufen.
Drei im Speisewagen auf dem Weg zur Wiesn. Das wird fein.
Deutsche Männer, die dem Staat nicht auf der Tasche liegen. Nein, nicht falsch verstehen: Tun tun sie auch nix für den Staat – wo kämen sie denn hin? Sie sind halt keine Hartz-IV-Weicheier.
Der Erste sagt: „Nach meinem Herzinfarkt wird meine Frau das Geld auf den Malediven verjubeln. Gottseidank muss ich dann nicht mehr mit.“
Der Zweite sagt: „Du hast schon ein echtes Problem mit Deiner Alten. Tust mir Leid, ich mag Dich. Ich würde Dir sogar das Ding in den Popo schieben, wenn Du es wollen tätest. Mein Gott, bin ich froh, dass Du nicht schwul bist.“
Der Dritte sagt: „Ich muss sehr aufpassen auf meine Freunde. Sie vertragen die Getränke nicht. Machen schnell schlapp. Wir sind jetzt dann auf der Wiesn, da geht es ums Überleben, da braucht es eine Kondition und einen, der einen Überblick hat. Das bin ja dann wohl ich.“
Die drei Männer bestellen die nächste Lage und sind sehr laut. Wenn ihnen wer in die Quere kommt, fackeln sie nicht lange – das merkt man. Mit den Typen legt man sich besser nicht an. Die anderen Gäste sind verunsichert, der Wagen leert sich. Das juckt den Kellner rein gar nicht – er weiß, dass er mit den drei Männern seinen Schnitt machen wird.
Jetzt bestellen sie schon Schnaps.
Drei auf der Reise nach München.
Der Erste ist schon in Brasilien gewesen und hat alles genagelt, was einen glitterbraunen Wackel-Hintern hatte. Nach dem Urlaub ist er einen Monat kreuzkrank gewesen. Aber gelohnt hatte es sich sehr.
Der Zweite war einmal in Zürich. Außenbezirk. Tabledance. Er ist einem super aussehenden Transvestiten an die Wäsche gegangen. Als er merkte, dass die Frau ein Kerl war, hat er das Indiduum grün und blau geschlagen, dann wollte er den Laden auseinander nehmen. Man hat ihm (weil er ziemlich entschlossen wirkte und sehr kräftig ist) einen Gratis-Fick und ein Glas Sekt ausgegeben. Das war okay. Die Geschichte mag er selbst sehr gern.
Der Dritte reist nicht, er fährt nirgendwo hin. Wenn er im „Lamm“ daheim in Öschlingen das Saufen anfängt, geht es mit ihm eh auf große Tour. Da kann er prall berichten von der großen breiten Welt.
Und wenn ihm dann noch einer einen ausgibt, werden es Geschchten aus Tausendundeiner Nächten.
Das mit der Wiesn – dieses Verreisen – ist eine Ausnahme. Das wird eventuell der größte Trip seines Lebens.
Mal sehen.
Rechnung.
Der Erste zahlt ungerührt und gibt ein herrliches Trinkgeld.
Da lächelt der Kellner.
Auf Wiedersehen, die Herren. Eine gute Zeit.
Dann stehen drei deutsche Männer auf einem Bahnsteig und orientieren sich.
Auf geht’s.