TOT

scheisszeitenwende 8

Dieser Tage müssen wir Zeugen eines ganz besonderen Artensterbens werden.

Rolf Eden, Berlin, ist tot.

Höchste Zeit!, werden bewusste Mensch:innen sagen. Höchste Zeit, dass es solche wie den Eden nicht mehr gibt.

Der Typ war ein „Playboy“.

Igitt!

Was der alles gesagt hat!

Igittigitt!

„Ich bin einfach nur wirklich potent, wenn ich viele verschiedene junge Damen habe; das ist für mich immer wieder interessant: Die kleinen süßen Geschichten, die sie mir so erzählen, und was sie bedrückt, was sie für kleine Sorgen haben. Und der Riesenspaß, den wir immer haben: Wir verreisen zusammen, wir gehen aus. Ich versuche, die Damen zufriedenzustellen, ich meine jetzt nicht nur sexuell, sondern auch sonst. Ich verwöhne sie gerne mit kleinen Schmuckstücken. Ich glaube, Frauen muss man von oben bis unten jeden Tag verwöhnen und sie wirklich sehr happy machen.“

„Es war einfach ein Glücksfall, dass ich immer Glück hatte.“

„Es geht mir gut, und ich bin einer der glücklichsten Menschen. Ich bin Rolf Eden.“

„Dori war ein wenig älter als ich. Die hatte ja schon im Weltkrieg für die Engländer gekämpft. Sie war Krankenschwester, mit ihr habe ich im Camp mein erstes Kind gemacht. Das habe ich bis heute – es ist über 60. Bin ja auch schon 80 – oder so.“

„Wenn ich morgens aufstehe, dann ist die erste Frage: Mit welcher Frau gehe ich heute Abend essen? Und die zweite: Welches Auto nehme ich?“

Mein Brigitte, die Brischit, ist 30, die ist eigentlich zu alt. Aber sie ist so süß, sie kann bleiben. Fantastisch ist sie. Wenn ich ein Mädel nach Hause bringe, hilft mir Brischit noch, das Girl auszuziehen.“

„Abschleppen – das Wort habe ich erfunden. Und dazu den Abschlepp-Twist: Geld ist nicht wichtig, aber geil muss sie sein, schön muss sie sein, schön muss sie sein, schön muss sie sein nur für mich. Und wenn sie küssen kann, wuhaha, so r-r-richtich küssen kann, dann schaff ich alles an, was dieser Frau gefällt.

„Die Frau, auf der ich mal sterbe, bekommt 250000 Euro. Es muss aber während dem Sex sein. Das hat sich herumgesprochen – die Frauen strengen sich noch mehr an.“

Blöd gelaufen – die Viertelmillion ist nicht ausbezahlt worden. Die taz berichtet:

Der frühere Berliner Playboy Rolf Eden ist tot. Er sei im Alter von 92 Jahren gestorben, teilte seine Familie mit. „Mit Rolf Eden verliert auch Berlin eine Ikone seiner Zeit, er liebte und veränderte diese Stadt wie kein anderer.“

1930 in Berlin-Tempelhof geboren, 1933 mit der jüdischen Familie vor den Nazis nach Palästina geflohen, später führten seine Eltern ein Hotel in Haifa, der 14-jährige Eden verließ die Schule und wollte Musiker werden. 1948 kämpfte er zunächst als Elite-Soldat der israelischen Armee und ging in den 50ern dann nach Paris. Dort versuchte er es als Musiker, als Kellner, Chauffeur, Autohändler. Mit 26 Jahren las er in der Zeitung, dass jeder im Ausland lebende Berliner für eine Rückkehr 6000 Mark bekomme und reiste nach Berlin.

„Berlin ist die süßeste, schönste Stadt, die ich kenne, da kann keine andere mithalten.“

Liza Minelli feiert bei Eden, Louis Armstrong, Barbara Valentin und Jack Lemmon. Er veranstaltet die erste Miss-Wahl, engagiert erste DJs, übernimmt erste Filmrollen, einmal sogar neben Klaus Kinski. In seiner Großdisco Big Eden versacken die Rolling Stones…

Playboy!

Das war so ein Macho, der den Damen die Türen auf- und sie beim Hummer-Knacken freigehalten hat. Einer für Gespräche, gekonnt und ohne Kant. Glatt rasiert. Beflügelt gelebt. Eden hat sieben Kinder gezeugt, mindestens – tausend Frauen flachgelegt, mindestens.

Ein Playboy ebent. Einer wie Gunter Sachs. Der ehelichte mal die Französin Brigitte (Brischitt) Bardot, schon bald langweilte man sich und ließ die Ehe ins Leere laufen. Danach sagte die Bardot:

„Ich hatte nicht einen Mann allein geheiratet, sondern eine Sippschaft herumscharwenzelnder Playboys, die durch Komplizenschaft enger zusammengeschmiedet waren, als es eine Ehe je vermochte. In ihrem Leben fungierten die Frauen gewiss nicht als ‚Frau‘ im positivsten Sinne. Sie suchten sich schöne, junge und vorzugsweise dumme Gefährtinnen. Pech für Gunter! Da ich die letztgenannte Qualifikation nicht besaß, fiel ich ihm zunehmend lästig. Er playboyte herum, und ich stand ihm dabei im Wege!“

Der „Playboy“ steht erstmals 1828 im Oxford English Dictionary seinen Mann. Da heißt es, er sei „ein Mensch, besonders ein wohlhabender, der darauf aus ist, sich zu erfreuen, ein selbstsüchtiger Genusssucher“.

Porfirio Rubirosa, Diplomat aus der Dominikanischen Republik, erklärte seine Playboy-Philosophie so: „Arbeit? Ich habe keine Zeit für Arbeit. Die meisten Männer wünschen sich nichts sehnlicher, als Vermögen zu verdienen, ich will nur Vermögen ausgeben.“ Rubirosa war immer auf der Überholspur. Am 5. Juli 1965 crashte er seinen Ferrari und kam dabei dummerweise ums Leben.

Ein paar Vertreter der Spezies:

Charles Baudelaire. Lord Byron. Fürst Hermann von Pückler-Muskau. Der Prince of Wales, späterer Herzog von Windsor. Arndt von Bohlen und Halbach. Alfonso Prinz zu Hohenlohe. Gunter Sachs (der sich selbst homo ludens, einen spielenden Menschen, nannte und sich die Kugel gab, als ihm nicht mehr nach Spielen war)…

Rolf Eden ist glücklich gewesen und hinter den Frauen her. Doof war er auf keinen Fall.

Neben Nachtclubs waren Immobilien in Berlin sein Ding. Um die 30 Mietshäuser mit mehreren hundert Wohnungen besitze er, sagte er vor zehn Jahren: „Beste Altersvorsorge“.

Wer ihn in seiner Bauhaus-Villa in Dahlem besuchte, wurde hereingebeten und – egal zu welcher Tageszeit – gefragt „Ein Gläschen Champagner?“ Er selbst mixte sich einen Smoothie. Er stopfte Wassermelone, Äpfel, Orangen, Kopfsalat, Möhren in den Mixer, „der trennt das. Mache ich jeden Tag.“ Dann setzte er sich ans Klavier, spielte Udo Jürgens, stand mittendrin auf, das Klavier spielte weiter („ist elektrisch, da werden die Frauen schwach“), trank seinen Smoothie. „Fantastico“, sagte er. „Und gesund“.

Ein zufriedener, gastfreundlicher Mann.

Der kluge Bernd Mathies hat über Rolf Eden mal geschrieben:

„Gewöhnen wir uns also an den Gedanken, dass da einer stinkreich, treulos, verschwenderisch und erklärtermaßen total oberflächlich sein kann, ohne dass irgendein mürrischer Gott ihm jemals in die Parade fährt. Möglicherweise sind sein Charme, seine Großzügigkeit, sein ganzes von Boshaftigkeit und Neid offenbar freies Wesen straferleichternd in die Waagschale gefallen, oder es gibt eben wirklich so etwas wie ein autonomes, glückliches Leben.“

Jetzt ist Schluss mit Genuss.

Oder, mit den Worten von Meister Eden:

„Dann ist man eben weg wie eine Fliege, Wiedersehen, ciao“.

Foto: Barbara Volkmer