MORGENLAGE

28. märz 2017          ———         Tag 68

Mar-a-Lago, 2017

 

Steve B. ärgert sich.

Er liegt nun – das Manuskript von Fred T. hat ihn so sehr beschäftigt, dass er in seinem benebelten Kopf nicht mehr daran dachte, die Vorhänge zuzuziehen – mit der Morgensonne Floridas im Bett. Das ist etwas, was er gar nicht mag. An Schlafen ist nicht mehr zu denken, und Steve fühlt sich zerknautscht, so gar nicht sexy.

Eine lauwarme Dusche tut gut. Rasieren wäre auch hilfreich – doch B. will nicht gepflegt unter die Leute. Er mag es, wenn er aussieht wie ein Strauchdieb. Er ist ein räudiger Köter, den die Menschen fürchten sollen.

Nach dem Abtrocknen und Zähneputzen, nach einer befriedigenden Sitzung (für einen Trinker hat B. eine klasse Verdauung, überhaupt ist er gesünder, als er aussieht), nach der lässigen Wahl des ungepflegten italienischen Schuhwerks, des blauweiß gestreiften Freizeithemds und eines ausgesucht schlecht sitzenden Maßanzugs, nach der Guerlain-Dusche und einer Mundspülung ist er bereit für den Tag.

B. blickt auf die Uhr. Der Präsident wird wohl in seinem Zimmer sein, zum Golfen ist es definitiv zu früh. B. wählt die Nummer des Chefs. Der meldet sich, ja, er sei schon wach, ja, er habe Zeit.

B. steckt das Manuskript und ein paar lose Seiten in eine Mappe. Zu Dons Suite ist es nicht weit – sie leben auf Augenhöhe, Steve und der Präsident.

 

Don ist noch im Bademantel. „La Coupe de Dieux“, Seide, weiß, gülden und blau, mit zwei lächerlichen Löwenköpfen, Versace hat die Initialen des Trägers in Gold einsticken lassen.

Donald T. steht am Fenster, sieht auf die Grünanlagen seines Privatclubs in Mar-a-Lago. Draußen schneiden Mexikaner den Rasen raspelkurz und trimmen die Stauden. Auf der Terrasse schieben Schönheiten in kurzen Uniformen das Frühstücksporzellan zurecht. Hinter dem Ocean Boulevard und dem Strand verliert sich der Atlantik im Dunst des Ostens, irgendwo da hinten sind die Bahamas.

Der Präsident dreht sich nicht um, er ist mit seinem Handy beschäftigt.

„Was gibt’s, Stevie“, fragt er. „Gut geschlafen?“

Der Präsident hat gute Laune.

„Naja, geht so. Die Notizen von Deinem Bruder haben mir nicht gefallen.“

„Denke ich mir. Das Arschloch. Was muss der in seinem Suff so eine Scheiße schreiben? Hätte ja auch verrecken können, ohne es als Schriftsteller zu versuchen.“

„Das ist es nicht, Don. Was da steht, kann man leicht recherchieren und sich ausdenken. Da kriegt keiner den Pullitzer-Preis.“

Dann ist ja alles gut, sagt der Präsident und will eine neue Twitter-Nachricht beginnen.

Nichts ist gut, meint der Berater. In den Papieren ist Zündstoff. Wenn die der Falsche in die Finger bekommt, beginnt er zu recherchieren. Und dann wühlt er sofort im Dreck. Das kann einem Privatmann ziemlich egal sein. Das sitzt man locker aus. Aber für den Präsidenten der Vereinigten Staaten ist das eine Tretmine.

„Wenn da was Falsches hochgeht, fliegt Dir alles um die Ohren.“

Donald hat das Smartphone zur Seite gelegt.

„Also, was machen wir?“

„Ich habe die ganze Nacht nachgedacht. Wir stehen nicht besonders gut bei den Leuten da. Unsere ersten Erlasse sind nicht durchgegangen, überall beziehen die Arschlöcher Position. Sogar in Deiner Partei stecken sie die Köpfe aus den Löchern. Wir müssen aufpassen, dass nicht noch mehr schief geht.“

„Was soll schief gehen? Die haben mich gewählt, gut ist es.“

„Ist nicht so einfach, Donnie. Ich habe mal ein paar Sachen aufgeschrieben, die uns auf die Füße fallen können.“

„Was hast Du?“

„Reg‘ Dich nicht auf. Wir müssen die Situation analysieren. Es gibt Dinge, die wir im Auge haben müssen. Die Arschlöcher wollen den Krieg, sollen sie ihn haben.“

„Achso, klar. Mail‘ mir Deine Notizen, ich schaue sie gleich an.“

„Nee, ich habe sie dabei. Habe das alles mit der Schreibmaschine geschrieben, es gibt keine Kopie. Wenn Du das Zeug gelesen hast, kannst Du es entsorgen.“

„Cool. Dann gib‘ mal her. Und, was Anderes: Kommste mit zum Golf?“

„Nein lass‘ mal. Ich hau‘ mich nochmal aufs Ohr. Zuviel Sonne da draußen.“

Steve B. legt die Mappe mit Freds Manuskript und den paar Seiten aus seiner Maschine aufs ungemachte Bett des Präsidenten. Der hat ihm wieder den Rücken zu gedreht und twittert in den atlantischen Morgen hinein.

 

Was Donald T. nicht weiß:

Natürlich hat Steve B. seine Notizen mit Kohlepapier kopiert. Und in seinem „Giftschrank“ hat er noch ein paar gefährliche Seiten mehr. Davon braucht Donald T. momentan nichts zu wissen.