FINAL

TANZ DER VIREN II, Folge 107

Letzter Montag im Mai, Regattastrecke. Die Sonne ist gerade aufgegangen, über dem Wasser liegt flusiger Dunst. Die Tribünen zerbröseln, die Kampfrichter-Türme stinken am Fundament nach Pisse, der Olympiatrubel, der Siegerjubel: längst vergessen. Die Regattastrecke ist selbst an heitersten Tagen ein Ort der Tristesse.

Frank Stäbler ist zweimal bis zur Startlinie und retour geskullt. Das Boot hat er danach aus dem Wasser gezogen, sich neben den Einer auf den Steg gelegt und kostet seine Erschöpfung aus. Die Arme kann er gerade nicht heben, der Herzschlag hämmert noch ein Stakkato ins Hirn.

Frank Stäbler muss neu anfangen. Wie das sein wird? Er hat keinen Schimmer. Wann er sich wieder richtig freuen kann? Er erinnert sich nicht einmal mehr, wie das mit der Freude war.

Glück? Scheiss‘ drauf.

Er ist schon heilfroh, dass er acht Kilometer rudern kann. Und dass ihm danach alles weh tut.

Wenigstens spürt er noch irgendwas.

© BILDKUNST JOHANNES TAUBERT