WOW! HELAU!

berlin, 8. februar 2016

Mainz haben sie abgesagt, aber in Köln sind sie Gassi gegangen, die Jecken. Und in Berlin haben sie sich wieder mal zum Feiern in den Keller verdrückt. Naja, nicht alle – und denen möchte der Sputnik an diesem Rosenmontag den besten Dank abstatten. Die Sache war nämlich die:

Zuerst ist im Fernsehen eine abgespeckte Version des alljährlichen Fasching-/Karneval-Irrsinns abgenudelt worden. Stundenlang ließen sich Feierbiester beim Verunreinigen der Kölner Innenstadt filmen. Ein anderer Sender speiste die Kundschaft mit Konserven aus dem singenden, lachenden Mainz ab. Das war nur mäßig lustig, also zogen Sputnik und sein Lebensgefährte ein wenig durch den Kiez.

Sputnik – das gehört zur Geschichte – ist ein traumatisiertes  Wesen. Wurde nach der Geburt in Palma de Mallorca ausgesetzt und wäre schon zu Beginn seiner Tage beinahe verhungert. Jemand brachte das sterbende Bündel ins Tierheim – dort kam das Welpen an den Tropf, und die Ärztin meinte:

“Wahrscheinlich überlebt er die Nacht nicht.”

Der Hund hat sich durchgekämpft. Wurde von Berliner Tier-Rettern nach Deutschland gebracht, landete in Schöneberg. Ein freundlicher kleiner Hund ist er geworden, in ständiger Sorge zu verhungern. Ein süßer Menschenfänger, der am Fressnapf alle guten Manieren fahren lässt.

Schöneberg: angenehmes Revier. Drei sehr aparte Spitz-Hündinnen am Kleistpark. Weiße Locken, spitze Fahrgestell. Ein Mops in der Nachbarschaft, der beim Raufen immer den Kürzeren zieht – toll, wenn der bei einer Balgerei auf dem letzten Loch pfeift.

Und dann gibt es in Schöneberg noch dieses wundervolle Trottoir. Die Herrschaften von der Stadtreinigung lassen es – gerade zu Jahresbeginn – bei ihrer Arbeit ein wenig lax angehen. In der Crellestraße liegen noch immer ein paar nadelnde Christäume auf dem Bürgersteig, in der Hauptstraße wurden die Hundertschaften alter Kerzen für David Bowie erst Ende letzter Woche entsorgt – da sah die Gedenkstätte schon seit längerem wie eine Sondermülldeponie aus. Und jetzt, an diesem Rosenmontag…

Also, Sputnik verlässt das Haus und versucht seinen Lebensgefährten zu dem Dönerstand an der Bushaltestelle zu zerrren. Dort lassen die Menschen immer wieder mal was fallen – und das ist dann schnelle Beute. Doch der Mensch gibt nicht nach. Wandert in Richtung des Rathauses. Man passiert einen Inder an der Belziger – da hat Sputnik, so eineinhalb Jahre ist das nun her, einen großen Happen Curry-Reis gehabt. Dann der Italiener, vor dem an einem Sommerabend ein Stück “Vier Jahreszeiten” lag.

Am Ende der Belziger betreibt ein sehr begabter Pizzabäcker seinen Laden – da könnte ein Fress-Hund vor Gerüchen schier irre werden. Gegenüber liegt eine üble Pinte, sehr unergiebig. Aber an der Kreuzung wird es spannend.

Gegenüber vom Rathaus gibt es eine Bäckerei. Sputniks Lebensgefährte bindet dort manchmal den Hund an und kauft sich einen Kaffee. Der Idiot von Mensch passt dabei nie sonderlich auf – und so kann Sputnik in aller Ruhe das Terrain sondieren, während der Mensch im Geschäft ist.

Man mag es kaum glauben, wie viele Krümel ein ungestörter Hund findet.

Und heute ist er auf einen echten Claim gestoßen. Unter einem Tisch lag eine Teigware der besonderen Art. Weich und fluffig, goldbraun aufgebacken, ein Klecks Marmelade im Inneren.

So etwas war Sputnik noch nicht unter die Nase gekommen. Vorsichtig hat er das Objekt beschnüffelt, ein wenig dran geleckt, noch mal geleckt. Die Ladentür öffnete sich, jetzt musste Sputnik schnell sein. Er schnappte zu, würgte den Krapfen herunter und tat so, als sei nichts passiert.

Ein strammer Wind blies über den Platz. Ein närrischer Mensch hatte eine dicke rote Nase im Gesicht und ein Ringelhemd an. Die Welt schmeckte nach Hefeteig und Aprikosenmarmelade. Wenn nicht alles täuschte, lachte in diesem Augenblick ein kleiner Hund in Berlin sehr, weil der Karneval gut zu ihm war.