STADT MIT HERZ?

münchen, 28. februar 2015

Ist er schon wieder um, der Februar! In den vergangenen Tagen hat sich in München ein beharrlicher Föhn gehalten. Man ahnte den Frühling, am Chinesischen Turm ist gar schon ein kurzer Rock gesichtet worden. Nun, zum Wochenende, schieben sich freilich dicke graue Wolken vor den weißblauen Himmel. Schön ist das nicht, aber trübt so ein Sauwetter wirklich die stadtgewordene Gemütlichkeit? Mitnichten. München hat es behaglich. Basta!
Die Fasten-Schar hat die elf beschwerlichsten der 40 Entbehrungs-Tage hinter sich. Das Starkbier geht weg wie – na ja, sozusagen warme Semmeln. Der FC Bayern hat in dieser Woche die Kölner an die Wand geklatscht. Und die Wiesn-Wirte machen sich Sorgen, dass wegen des Mindestlohns die Bierpreise in die Höhe schnellen könnten (was an sich nichts Besonderes ist, denn der Bierpreis schnellt alljährlich auf ein neues Hoch – nur die Begründung mit dem Mindestlohn ist kreativ und neu).
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Aufwärts immer, nunter nimmer. Münchner haben allerweil die Nase im Wind. FOTOS: BARBARA VOLKMER

Der Circus Krone ist von morgen an mal wieder rappelvoll. “Fantastische Momente” verspricht das dritte und letzte Winterprogramm mit 22 Artisten aus zehn Nationen. Im “Literaturhaus” eröffnet eine Zweig-Ausstellung (Stefan Zweig, der ist mittlerweile – tot, wie er ist – wohl gelitten an der Isar). Der Fernseh-Ärztin Antje Katrin Kühnemann, die sich nach einem Sturz in Sankt Moritz in der Klinik behandeln lassen musste, geht es wieder besser…
Alles super in der Stadt. Ehrlich, alles toll.
München ist einfach zum Abbusseln. Und die Bürger, sie sind selbstbewusst, seit vielen Generationen. Sie denken sich Leitsprüche aus, die heißen: Wer ko, der ko! Oder: Mit vollen Hosen ist gut stinken. Oder: In Bayern gehen die Uhren anders.
So etwas fällt nur Menschen ein, die mit sich imn Reinen sind (auch wenn die Hosen voll sind).
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Nein, nicht Petrograd! Mia san in Neuperlach.

Leider gibt es da noch diese ewigen Miesmacher. Solche wie den Polt Gerhard, der das “Ekzem Mensch”, repektive die “menschliche Sau”, zuvörderst in seiner bayerischen Heimat ausmacht. Solche wie den Hildebrandt Dieter, der sich zeitlebens an der Bigotterie der Erzkatholen und der Urbayern gerieben hat. Er hat vor Wut gebebt, wenn er seine Lacher raus ließ: “Wir werden von Stunde zu Stunde ärmer in Deutschland – zwei Millionen Deutsche müssen auf ihren Zweitwagen verzichten!”
Womit wir – so geschwind geht das in München – auf einmal in Neuperlach gelandet wären. Daselbst haben sie dem Oskar Maria Graf ein Straßenschild hin gestellt. Das täte dem aber nicht so sehr gefallen haben. Er war ja zu lebenslanger München-Hassliebe verdammt. Und Neuperlach, diese Horror-Wohnmaschinerie im Osten der Stadt, hätte ihn in seiner Anschauung betästigt, dass das Gute im Menschen manchmal arg verschüttet sein kann.
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Frech wie Oskar – zu Lebzeiten haben die Landsleute den Graf-Schreiberling spüren lassen, dass sie ihn nicht gemocht haben. Heute schenkt man ihm eine ganze Straße.

Also, wenn man genau hinsieht, ist dieses Neuperlach furchtbar. Oder wie es in dieser Woche – es war gegen neun Uhr morgens am Dienstag – eine Kroatin beim Plausch vorm Bäcker Traublinger mit einem arbeitslosen Landsmann sagte:
“Is kalt hier. Hab’ ich auch kein’ Kaffee mehr. Aber was soll ich machen. Is daheim auch nicht schöner.”
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Weißblau blüht die… Entschuldigung, hier handelt es sich um ein Idyll.