SCHREIBEN

„2017”*, Folge 52, 8. November. Aus Martls Zettelkasten/VIII.

 

Und dann sind da noch die zwei Hefte, bis zur letzten Seite beschrieben. Die Einträge sind anfangs noch verhalten und klingen nach Schulaufsatz. „Mein schönstes Kletter-Erlebnis“, solche Sachen.

Mit der Zeit legt der schreibende Martl alle Scheu ab.

Krohn erinnert sich:

Ein Jahr vor seinem Verschwinden hat der Martl ihn einmal gebeten, ihm ein paar „gescheite“ Bücher zu geben. Er hat alles verschlungen: Musil, Kafka, Bukowsky, Hemingway. Er hat manchmal so geredet wie die Menschen, die in den Büchern, die er gerade las, wichtig waren.

Jetzt sieht Krohn – er ist zu Tränen überrascht – dass sein Freund auch versucht hat zu schreiben, wie das Andere schon getan hatten.

Am Schluss des zweiten Hefts steht:

 

Am Ende. 

Ich war mal strotzend.

Ich habe alles gerockt. 

Die Berge. Die Weiber. Das Rennen. Das Lesen. Das Saufen. Die Menschen.

Die Wut.

Jetzt: 

Vorbei.

Es hat 20 Grad, und das Leben scheint schön. Ist es aber nicht. In  meinem Kopf marodiert es. Ich bin, ich scheine ohne Zukunft.

Zukunft? Kraft?

Nein.

DOCH!

NEIN!

 

Das steht auf der drittletzten Seite, die Martl hinterlassen hat.

 

*“2017“ beginnt in der Kalenderwoche 38 des Jahres 2017 und endet am 31. Dezember. Thema: 105 Tage Deutschland. Unterwegs in der „Heimat“.