READY TO RUMBLE

17. februar, Petersburg west virginia, las vegas/lindow —— winter 16/17, Folge 40

 

Gereald – stolzer Besitzer eines Petersburger Museums zum Gedenken aller Kriege – mag Waffen. Er schießt auch auf seine alten Tage noch prima. Beim Fischen zieht er echte Kawenzmänner aus den Flüssen. Und wenn Du ihn in der Wildnis aussetzt, schlägt er sich mit einem Bowiemesser und einer Rolle Bindfaden durch, zurück in die Zivilisation.

Ein Kerl! Einer, der Amerika groß macht.

„Schaut Euch nur die Amokläufe an. In den Schulen, in den Shoppingmalls, in den Straßen. Oder die Scheiße in Berlin oder Paris. Ich sage Euch: Wenn da ein paar von unseren Boys da gewesen wären und hätten ihre Waffen aus den Aktentaschen gezogen – wir hätten das alles unter Kontrolle bekommen.“

„Jeder gute Amerikaner hat das Recht auf Waffen. Jeder amerikanische Mann muss seine Familie und sein Land schützen. Aber es ist auch klar, dass Waffen nicht in die Hände von irgendwelchen Fremden gehören. Wir sind da bisher so liberal, da können wir uns gleich die Schlinge um den Hals legen.“

„Geht mir weg mit den Waffen-freien Zonen. Das haben die Weicheier erfunden, die Feiglinge, die Neunmalklugen. Die Waffen-freien Zonen sind Tummelplätze für die ISIS und alle Irren. Wenn wir uns nicht mehr mit Waffen wehren können, dann haben wir verloren. Wir müssen immer in der Lage sein, zuerst zuzuschlagen. Kriege gewinnt nur der Starke.“

„Wir sind Amerika. Die so genannten Liberalen sind eine Gefahr. Sie arbeiten den Terroristen in die Hände. Wir brauchen die Waffen. Jeder Amerikaner braucht sie. Und denkt immer dran, Leute: Die Waffen ziehen nicht am Abzug. Die Waffen sind unschuldig.“

Ach, tschuldigung: Das sagt nicht Gereald. Er denkt all das. Aber gesagt hat es der Präsident, als er noch keiner war. Hier und da und everywhere. Zum Beispiel in einem Jagdmagazin. Da hat er den Chefredakteur (einer von den Guten unter den Journalisten) im Venetian Hotel in Vegas empfangen. Ist auch im Video zu sehen:

http://www.petersenshunting.com/conservation-politics/why-sportsmen-should-vote-for-donald-trump/

 

 

Vor einem verfallenden Bauernhof im Brandenburgischen pflanzt sich Matuschke vor dem Besucher auf. Ob er überhaupt wisse, was das für ein Drecksleben gewesen sei, hier an diesem Arsch von Welt? Wo die Mutter einen nicht mal zu Weihnachten in den Arm genommen hat. Sie hat einen auch nicht beschützt vor dem Vater.

Ja, sie hat begriffen, dass der Eugen einen Traum hatte. Er hat die Zeit vergessen, wenn er einen Motor zerlegt hat. Große saubere Plane in den Stall gebreitet – und dann ging es los mit der Demontage. Schraube und Mutter, Gewinde und Federn, Schläuche und Ventile, Dichtungen und ein Motorenblock. Akkurat legte Matuschke die Teile nebeneinander. Er reinigte sie. Besah das Puzzle. Verschraubte, verband, verlötete alles. Öl rein, Diesel rein.

Anschalten.

Der Motor bullerte. Gut so, guter Tag.

Aber der Vater ließ ihn nicht. Der Vater sagte, Eugen musste melken, mähen, ins Holz. “Du bist ein Bauer”, sagte der Vater.

Quatsch. Eugen Matuschke konnte das Bauerntum nicht ausstehen.

War echt ein Drecksleben. Und es hat so lang gedauert, bis Eugen Matuschke begriff, dass er seinen Vater, diesem Krüppel, nichts schuldig war.

Da war es zu spät. Da hatte er vom Biertrinken eine Wampe. Die Sache mit den Mädchen hatte sich erledigt, er war den Frolleins zu dreckig, er stank, er war nicht amüsant. Einmal hatte er mit einer Kleinen aus dem Nachbarhof einen Horrorfilm im Fernsehen geschaut, da war sie ganz nah an ihn heran gerückt, aber er konnte nicht richtig damit umgehen. Er hatte ihren Busen gedrückt, aber wohl nicht gut.

“Und dann, mein Freund, habe ich die Kurve doch noch gekriegt. Glaubste nicht? Hör zu:

Die im Ort haben sich eingeschissen. Stasi. West-Fernsehen. Keine Bananen. Verstehste, was ich meine?

Nicht mit mir. Ich habe den Vater in den Westen geschickt, da hat er dann auf Mitleid gemacht. Hat Westmark bei der Verwandtschaft eingesackt, er durfte ja reisen, er war ja schon Rentner. Und mit der Kohle konnte er ja nix kaufen, der hatte ja genug zu tun, sein eines Bein wieder in die DDR zu schaffen. Also ist er bei uns aus dem Zug gefallen und hat die Taschen voll Westgeld gehabt. Das habe ich mir gekrallt und bin mit dem Mähdrescher zum Intershop nach Kyritz gefahren.”

 

Den Matuschke mag keiner. Aber sie haben Angst vor ihm.

Jetzt ist er eingepennt in der Wintersonne. Er sieht so armselig aus in seinen verdreckten Sachen. Hat nur noch zwei Stummelzähne und einen Friedhof für Trecker und Mähdrescher. Trauert einem Elbing in Ostpreussen nach, wohin er zweimal im Leben als Tourist gefahren ist. Er trauert dem Haus seiner Eltern nach, das die Bomben im Zweiten Weltkrieg eingeäschert haben. Eine Ehe hat er begonnen und ist wieder ausgestiegen.

 

Vor dem Mann sollte man Angst haben?

Macht Euch mal nix vor – der Matuschke kann sie alle kaufen. Das wissen sie. Wenn der im Ort im Netto auftaucht, hören die Leute auf zu lachen.

Er kennt nur seinen Nutzen. Klug ist er, lauernd klug. Und von grundtiefer Bosheit. Sein Wissen hat er sich aus dem Fernsehen gesaugt. Der schaut die Tagesthemen an und kann Dir danach jede Meldung runter beten.

 

Naja, und dann kam die Wende.”

Eugen Matuschke hörte, dass es da eine Treuhand gab. Die verscherbelte Brandenburg. Da ist der Matuschke zur Treuhand gelatscht und hat gekauft. Wälder, Felder, ein Stück vom See, ein altes Sanatorium, die Stasi-Datschen.

Von hier bis fast nach Neuruppin und rauf bis Zippelsförde gehört dem Eugen ganz viel. Und Du brauchst nicht zu glauben, dass er nicht weiß, was ihm gehört.

Und jetzt lebt er hier wie ein Messi. In seinem eigenen Dreck, wie der schlimmste Penner. Könnte sich Wellness auf den Bahamas gönnen und Russen-Nutten in Sankt Moritz. Aber er guckt beim Netto auf die Preise und säuft Wein ausm Karton.

Nur eines leistet er sich wohl, sagen die Leute: einen Kleiderschrank voll mit den feinsten Waffen.

Könnte sein, dass er ganz subito in den Krieg muss.

Ja, warum das alles?

Aus Zorn.

Der macht alles platt in seinem Zorn.

Besser, man geht dem Typen aus dem Weg. Besser, man verschwindet. Wenn der richtig los legt, ist er furchtbar.

Also, macht die Biege, Leute. Ihr wollt nicht, wie es sich anfühlt, wenn der Typ um sich schlägt.

Morgen: Rechts bleibt rechts